Mittwoch, 25. März 2015

Penny und die falschen Freunde







Die Trauzeugen-AG

Schon am deutschen Startwochenende hat Die Trauzeugen-AG es nur mit Mühe und Not in die Top 10 der bestbesuchten Filme geschafft. Während Kevin Hart in seiner amerikanischen Heimat der absolute Comedy-Newcomer der letzten Jahre ist, kennt man seinen Namen hierzulande jedoch kaum. Und auch seine Mitstreiter in dieser Hochzeits-Komödie Josh Gad und Kaley Cuoco-Sweeting (ja, Penny aus The Big Bang Theory) vermögen mit ihren Namen kaum interessierte Besucher anzuziehen. Am Film selbst lässt sich sein schlechtes Einspielergebnis kaum festmachen. Schon katastrophalere Filme haben massenweise Fans in die Lichtspielhäuser gelockt. Im ersten international gestarteten Kinofilm von Trennung mit Hindernissen-Drehbuchautor Jeremy Garelick begleiten wir Anwalt Doug, der mit Hilfe des professionellen Trauzeugen Jimmy seiner zukünftigen Frau ein neues Ich als Mann vieler Freunde vorspielt, um auf der großen Hochzeit einen weltmännischen Eindruck zu hinterlassen. Die Trauzeugen-AG ist dabei als klassisches Buddy-Movie angelegt. Die Chemie zwischen Kevin Hart und Josh Gad ist auf der Leinwand dann auch tadellos Die dramatischeren Sequenzen, in der beide über gekaufte Freundschaften sinnieren, gehören zu den besten des Films, obgleich hier mehr Tiefe wünschenswert gewesen wäre. Überhaupt wirkt Die Trauzeugen-AG vor allem im Schlussdrittel recht gehetzt, wodurch auch Dougs falsche Freunde (unter anderem verkörpert von Lost-Star Jorge Garcia) deutlich zu wenig Screentime bekommen. Diese Nebenfiguren sorgen definitiv für die meisten Lacher des Streifens, von denen im Gesamten hingegen leider zu wenige zünden. Vor allem Humor, der unter der Gürtellinie landet, wirkt oft konstruiert und vorhersehbar. Etwas mehr Mut hätte da allen Beteiligten gut getan. Außerdem gibt es mit einer lieblos inszenierten Verfolgungsjagd und einem ausufernden Footballspiel zwei Actionsequenzen im Film, die vollständig deplatziert wirken. Woran die Trauzeugen-AG jedoch am meisten krankt, ist ihre Grundprämisse. Durch das Fehlen jeglicher Selbstironie wird dem Zuschauer pausenlos eine völlige Unkenntnis der zukünftigen Eheleute voneinander suggeriert. Auch wenn von einer durchschnittlichen Komödie keine emotionale Tiefe gefordert wird – hier hätte dem Drehbuch Überarbeitung gut zu Gesicht gestanden. Unter diesem Aspekt leidet dann auch die Figur der Braut. Kaley Cuoco-Sweeting muss während der kompletten 102 Minuten eigentlich nur mit erstauntem oder erschrockenem Gesichtsausdruck durch das Setting laufen. Ob sie auch auf der großen Leinwand überzeugen kann, muss sie in der Zukunft somit neu beweisen. Was letzten Endes von Die Trauzeugen-AG bleibt, ist eine einigermaßen vergnügliche Zeit ohne Tiefgang.

5/10


Für Fans von: Brautalarm, Die Hochzeits-Crasher

Freitag, 20. März 2015

Der ehrlichste Weg







A most violent Year

Für Freunde des zeitgenössischen Kinos dürfte A most violent Year schon allein von Interesse sein, da vor und hinter der Kamera erstmals vier der prägendsten Filmschaffenden der letzten Jahre versammelt sind. Unter der Regie von J.C. Chandor, der bereits für sein Erstlingswerk Margin Call mit einer Oscarnominierung bedacht wurde und der seither das umjubelte Ein-Personen-Stück All is lost inszenierte, spielen an der Seite von Schauspielurgestein Albert Brooks Oscar Isaac (Inside Llewyn Davis, Drive) und Jessica Chastain (Das Verschwinden der Eleanor Rigby, Zero Dark Thirty) in den Haupt-, sowie David Oyewolo (Selma, The Butler) in der signifikantesten Nebenrolle. Große schauspielerische Leistungen abzurufen ist auch der herausragendste Aspekt von A most violent Year, denn der Film lebt in seiner gemächlichen Erzählweise von den punktgenauen Charakterisierungen seiner Figuren, deren unbefriedigende Darstellung den Streifen uninteressant und zäh gemacht hätte. Da dies jedoch nicht der Fall ist, bleibt der Zuschauer gebannt am Ball, wenn sich Isaacs Heizölmagnat Abel Morales den wichtigsten Herausforderungen seiner Karriere stellt, ohne dabei in die Illegalität abzurutschen, während Chastain als dessen skrupellose Ehefrau Anna jedes Mittel recht ist, um den erreichten Status zu halten und auszubauen. A most violent Year ist im New York des Jahres 1981 angesiedelt, das durch die exorbitante Verbrechensrate als eben dieses gewalttätigste Jahr in die Geschichte einging. Doch J.C. Chandor widersteht in Personalunion als Regisseur und Drehbuchautor der vielleicht nächstliegenden Idee, einen klassischen Gangsterfilm zu drehen, sondern zeigt uns hier eine präzise Studie über einen Mann, der mit seiner Vorstellung der Gewaltlosigkeit stetig mehr isoliert wird. Für dieses Dilemma findet Kameramann Bradford Young, der schon in Selma eine Epoche der jüngeren Geschichte auferstehen ließ, die perfekten Bilder des rauen New Yorks der frühen Achtziger. Doch im Angesicht der enormen Entwicklung hin zur Welthauptstadt, die die Metropole seitdem nahm, kann A most violent Year nicht als düsterer, oder pessimistischer Film gelten, sondern wirkt im Gesamten angenehm anachronistisch. Starkes Schauspielkino für Fans anspruchsvoller Unterhaltung.

8/10


Für Fans von: The Drop - Bargeld, Cotton Club

Mittwoch, 18. März 2015

Tänzer auf Abwegen







The Boy next Door

Es hat lange Tradition, als erfolgreicher Sänger oder erfolgreiche Sängerin den Weg auf die große Leinwand zu suchen. Nichtsdestotrotz gelten hierzulande mit Daniel der Zauberer, sowie international mit Gigli, zwei Filme mit Musikern in der Hauptrolle als die schlechtesten, die je gedreht wurden. Schon in Letzterem durften wir Pop-Sternchen Jennifer Lopez bewundern, die trotz 9 Nominierungen und 2 Siegen bei der Verleihung der Goldenen Himbeere (die Anti-Oscars) ständig ihre Filmografie ausbaut. J.Los neustes Werk, das sie praktischerweise gleich mitproduzierte, führt dieses unterdurchschnittliche Niveau mit Freuden fort. In The Boy next Door sehen wir sie als Lehrerin für Literatur, die sich nach der Trennung von ihrem Ehemann auf einen One-Night-Stand mit Folgen einlässt. Was uns der Film in den nächsten 90 Minuten aufzeigt, ist eine krude Mischung aus Erotik- und Psychothriller, Coming-of-Age-Film und Beziehungsdrama, die in einem extrem hanebüchenen Splatter-Horror-Finale gipfelt. So unwirklich, wie sich diese Beschreibung nun anhört, so weit ist sie schließlich davon entfernt, interessant zu sein. Auch wenn Regisseur Rob Cohen viele Baustellen aufmacht, die den Film abwechslungsreich und spannend halten sollen, so ist The Boy next Door von der ersten Minute an durchweg vorhersehbar. Man muss kein besonderer Filmkenner sein, um jegliche Szene voraussehen zu können. Passend zum schwachen Drehbuch, ist die Leistung des Casts vergessenswert. Lopez und ihre Mitstreiter (unter anderem Teenieschwarm Ryan Guzman aus den Step Up- Filmen) sorgen mit ihrer eingeschränkten Schauspielerei für reichlich unfreiwillige Komik. Überhaupt ist The Boy next Door durch seine Berechenbarkeit und eine Anhäufung filmischer Klischees ungewollt witzig geworden – nicht gerade ein Kompliment für einen Streifen mit eigentlich ernstem Hintergrund. Ebenso schwach wie Besetzung und Story, fällt auch Cohens Inszenierung aus. Der Regisseur von xXx-Triple X und The Fast and the Furious versucht erst gar nicht sein Mini-Budget von 4 Millionen $ vergessen zu machen, sondern präsentiert uns einen vermeidlichen Hochglanzthriller auf dem Niveau eines beliebigen Fernsehfilms oder einer Direct-to-DVD Produktion (Allein in den USA hat der Film übrigens schon das 10fache seiner Kosten eingespielt). Für Freunde des gepflegten Schunds kann ich The Boy next Door durch seine Kurzweiligkeit und seinen gefälligen Grundton noch empfehlen, jedem anderen sei davon abgeraten.

3/10



Sonntag, 15. März 2015

Big-Mac für alle!







Kingsman: The Secret Service

Um es gleich vorwegzunehmen: Der Film hatte mich nach wenigen Sekunden völlig auf seiner Seite. Wenn zu den Klängen von Mark Knopflers monumentaler Gitarre in Money for Nothing der Dire Straits eine gigantische Festung zerbombt wird, aus deren Trümmern die Opening Credits geformt werden, kann meine Begeisterung nicht größer sein. Und auch wenn Kingsman im letzten Drittel etwas durchhängt, sind 139 Minuten außergewöhnlichster Spaß garantiert. In Matthew Vaughns neustem Streich begleiten wir den ultrageheimen Geheimdienst Kingsman bei der Aufnahme eines neuen Mitglieds und der Rettung der Welt. Der Spionagezirkel beruft sich dabei auf das akkurateste Gentleman-Behaviour (u.a. durch die eigens für den Film von Claudia Schiffer, Ehefrau des Regisseurs, entworfene Modekollektion zum Ausdruck gebracht), seine historischen Wurzeln (alle Mitglieder tragen Tarnnamen aus der Arthussage), sowie abgefahrendste Gagdets, die selbst den siebziger Jahre James Bond vor Neid erblassen ließen. Letzterer ist übrigens gern zitiertes Vorbild für Kingsman: The Secret Service. Doch nicht nur Story und Figuren könnten aus einer der vielen Ian Fleming-Verfilmungen stammen, auch ausufernde Dialoge über das Wesen von 007 im Zusammenhang mit den Ereignissen auf der Leinwand selbst prägen diesen Film. Somit bietet Kingsman eine herrlich amüsante Metaebene für Filmfans. Für einen spaßigen Actionfilm sind in diesem Streifen die Schauspielleistungen überdurchschnittlich. Newcomer Taron Egerton füllt seine Hauptrolle gewinnbringend aus und verkörpert die Wandlung von Kleinkriminellen zum Topagenten glaubwürdig. Dazu darf Samuel L. Jackson als lispelnder (sehr ordentlich auch in die deutsche Synchro übertragen) Bösewicht nicht nur sein Standardprogramm abspulen, sondern Wahnsinn und Kindlichkeit auf herrlich überdrehte Weise darstellen, ohne zur Karikatur zu verkommen. Aus dem Cast ragt allerdings der brillante Colin Firth heraus. Auf den ersten Blick eine logische Wahl für eine Figur mit typisch britischer Attitüde, weiß er vor allem in den Actionsequenzen mit einer ungeahnten Körperlichkeit zu überzeugen. In diesen ist auch die hervorragende Inszenierung von Matthew Vaughn und seinem Team zu sehen. Besonders Kameraarbeit und Schnitt sind deutlich vom asiatischen Actionkino inspiriert (The Raid 2 lässt grüßen), sodass im allgemeinen Trubel eine größtmögliche Übersichtlichkeit gewährleistet ist, die den oftmals sehr brutalen Kämpfen zusätzlich einen enormen künstlerischen Aspekt beifügt. Es sind unwahrscheinlich viele Details, die aus Kingsman einen modernen und zugleich klassischen, sowie zynisch-persiflierenden als auch eigenständigen Spionageactioner machen. Unbedingt anschauen!

 9/10


Für Fans von: Kick-Ass, XxX – Triple X, James Bond 007: Der Spion der mich liebte



Mittwoch, 11. März 2015

Ein modernes Monster



Leviathan

Der Bibel zufolge ist der Leviathan ein riesiges Monstrum mit Merkmalen eines Wals, eines Krokodils, eines Drachens und einer Schlange, das für die Grauen des undurchdringlichen Meeres steht. Der britische Philosoph Thomas Hobbes verglich schließlich die Allmacht des Staates schon im 17. Jahrhundert mit dem Ungetüm. Diese Interpretation legt der russische Ausnahmeregisseur Andrey Zvyagintsev nun seinem Opus Leviathan zugrunde. In dieser, wiederum an die biblische Geschichte Hiobs angelehnte, Erzählung wird der Automechaniker Kolia mit teils grausamen Prüfungen belegt. Er kämpft gegen Enteignung, staatliche Willkür und Alkoholismus, sowie um seine untreue Frau und den entfremdeten Sohn. Zum zentralen Punkt im Film macht der Regisseur die Unvereinbarkeit des Lebens als freier Mann und dem Leben in einem Staat. Ein mutiger und brandaktueller Ansatz im Russland unserer Tage. Leviathan wurde folgerichtig mit der silbernen Palme für das beste Drehbuch in Cannes und dem Goden Globe für den besten nicht-englischsprachigen Film ausgezeichnet. Zvyagintsev bebildert sein Werk mit rauen und doch betörend schönen Aufnahmen der nordrussischen Tundra, dazu unterstreicht ein hypnotischer Score die sehr metaphorischen Aussagen des Streifens. In diesen Sinnbildern sticht vor allem die Rolle der Kirche hervor, die bösartig mit dem Einfluss des Glaubens in Hiobs Leben bricht. Das Schauspielensemble liefert dazu eine durchweg großartige Leistung ab. Jede Verknüpfung und jede Konsequenz wird glaubwürdig vermittelt. So entsteht ein durchweg überzeugender und beeindruckender Film über einen tragischen Helden, dem die Erlösung letzten Endes versagt wird.

9/10


Für Fans von: Biutiful

Entschlackung fürs Gehirn







Focus

Es war nicht abzusehen, ob sich Will Smith nach seinem qualitativen und finanziellen Desaster namens After Earth zügig erholen kann. Denn während Men in Black 3 zwar am Box Office zu sehr guten Einspielergebnissen kam, ist es nun Focus, der ganz auf Smith' Star-Appeal setzt. An dem Bad Boys-Star und seiner Leinwandpartnerin Margot Robbie (The Wolf of Wall Street) liegt es dann auch nicht, dass der Film so enorm mittelmäßig geriet. Denn während Trickbetrüger Nicky, seiner willigen Schülerin zu Beginn erklärt, wie wichtig es ist in ihrem Geschäft den Fokus niemals aus den Augen zu verlieren, so ist es genau das, was dem Drehbuch und damit auch dem gesamten Film fehlt. Eine fortlaufende Handlung ist in Focus nicht vorhanden. Vielmehr splittet sich der Streifen in zwei beinahe unabhängige Teile, die partout in keinen harmonischen Einklang gebracht werden können. Dazu sind alle Finten und Fallen, die in einer Gaunerkomödie mittlerweile so inflationär gebraucht werden, dass der Zuschauer den Wert eines richtigen Mindfucks zusehends verlernt, auch hier äußerst vorhersehbar oder schlicht unglaubwürdig. Dazu wiederholt sich der Film vor allem in der ersten Hälfte häufig, wodurch zaghaft aufgebaute Spannung sogleich wieder verloren geht. Die Romanze zwischen den Protagonisten ist, hauptsächlich durch die gute Chemie der Hauptdarsteller, dramaturgisch über lange Strecken das überzeugendste Element, wird im übertriebenen Finale jedoch leider auch ad absurdum geführt. Was Focus hingegen sehr ordentlich vermittelt, ist ein Gefühl für Style und Eskapismus. Kostüme und Set-Design suggerieren eine funkelnde Welt der Gentlemangangster. Stets schwelgt der Film, mit passendem Soul- und Rocksoundtrack, in Glanz und Glamour der oberen Zehntausend. Dies macht Focus zwar nett anzuschauen, aber noch keinesfalls gut. Es kommt Will Smith sicherlich zu Passe, dass er zum Cast des heiß erwarteten Suicide Squad gehört.

4/10

Für Fans von: Oceans-Trilogie, Runner, Runner



Dienstag, 3. März 2015

Ihr Leben ohne Gestern







Still Alice

Es sind die kleinen Dinge, die Linguistikprofessorin Alice Howland zu Beginn entfallen und die auch die ersten Anzeichen für eine aufkeimende Alzheimererkrankung im Film Still Alice sind. Doch nach Daten oder einzelnen Wörtern vergisst Alice bald mehr als nur Kleinigkeiten. Die Beziehung zu ihrer Familie wird zusehends schwieriger. Filme, die ein emotionales und sehr persönliches Thema wie Alzheimer thematisieren, haben durch ihre aufklärerische Wirkung stets einen Bonus in der öffentlichen Wahrnehmung. Doch abseits der Darstellung der Krankheit und des Umgangs mit dieser ist Still Alice ein sehr durchschnittlicher Film. Die Entwicklungsstadien von Alzheimer werden dramaturgisch brav abgearbeitet. Ergreifend sind diese für das Publikum allemal, doch überraschend fällt Still Alice zu keiner Zeit aus. Außerdem verzichtet der Film auf jegliche Nebenhandlung, was das letzte Drittel der gut 100 Minuten Laufzeit doch recht zäh werden lässt. Dazu ist die Besetzung der Nebendarsteller nicht gut gelungen. Während Alec Baldwin noch vergleichsweise überzeugend agiert, fallen vor allem die Leistungen von Kirsten Stewart und Kate Bosworth als Alice' Töchter negativ auf. Den zweifellos beeindruckendsten Part in Still Alice hat im Gegensatz dazu Hauptdarstellerin Julianne Moore inne. In jeder Sekunde gestaltet sie den Krankheitsverlauf glaubhaft. Ihre Alice ist mehr als nur das emotionale Zentrum des Films, sie gibt der Verzweiflung und auch der Hoffnung einer Alzheimererkrankten ein eigenes Gesicht. Viele Awards, unter anderem der erste Oscar für die beste weibliche Hauptrolle, waren der Lohn für diese Leistung,. Es war ein verdienter Erfolg für eine der prägendsten Schauspielerinnen ihrer Generation. Sie ist es dann auch, die mit ihrer Darstellung auf die komplett unterschätze Form von Alzheimer aufmerksam macht. Denn allein hierzulande sind zur Zeit etwa 20000 Menschen von einer frühen, vererbbaren Form der unheilbaren Krankheit betroffen. Den Regisseuren Richard Glatzer und Wash Westmoreland gelang mit Still Alice damit wichtige Aufklärungsarbeit.

6/10

Für Fans von: Liebe (Amour), Wie ein einziger Tag



Wenn Worte ihre Sprache wären







Verstehen Sie die Bèliers?

Auf der unfassbar erfolgreichen Welle von Komödien wie Willkommen bei den Sch'tis, Ziemlich beste Freunde oder Monsieur Claude und seine Töchter kommt mit Verstehen Sie die Bèliers nun eine neue Culture-Clash-Geschichte aus Frankreich in unsere Kinos. Die Bèliers sind eine Familie von Landwirten in der französischen Provinz. Als die musikalisch äußerst talentierte Tochter des Hauses, Paula, die Möglichkeit erhält, an einem Pariser Konservatorium eine Gesangsausbildung zu erhalten, sind Probleme vorprogrammiert. Denn Paula ist die einzige Bèlier, die nicht taubstumm ist. Auch wenn der Eindruck entsteht, dass Verstehen Sie die Bèliers auf den ersten Blick im Windschatten der eingangs erwähnten Filme mitschwimmen möchte, so fällt doch vor allem die gemäßigte Produktion sofort ins Auge. Auf international bekannte Namen wird verzichtet, ebenso sind die Schauwerte des Films begrenzt. Regisseur Éric Lartigau verlässt sich ganz auf seine Figuren und deren Geschichte. Das Alltagsleben einer taubstummen Familie wird dabei weder melodramatisiert, noch der Lächerlichkeit preisgegeben, sondern erscheint dem Zuschauer von der ersten Minute an als selbstverständlich. Zu verdanken ist dies natürlich in erster Linie den Darstellern, die allesamt die Gebärdensprache erlernen mussten. Besonders Hauptakteurin Louane Emera weiß in ihrer ersten Rolle überhaupt durchweg zu überzeugen. Mit ihrer Paula kann sich das Publikum komplett identifizieren. Besonders die Verzweiflung, die über die Bèliers hereinbricht, als Paula sich für einen neuen Weg abseits der Familie entscheiden möchte, wird durch ihre Leistung bestens transportiert. In diesem Konflikt liegt dann auch die zentrale Aussage des Films. Auch wenn ihre Eltern sehr eigenständig und stolz sind, so ist doch durchweg zu erahnen, wie angewiesen sie auf ihre Tochter sind. Die zweite Hälfte von Verstehen Sie die Bèliers ist dann auch deutlich emotionaler und weniger offensiv witzig. Das Motiv des Loslassens und Abschiednehmens begleitet den gesamten Film, vor allem durch die Musik von Michel Sardou, dann auch konsequent. Ob Verstehen Sie die Bèliers auch international ein großer Erfolg wird, ist nicht vorauszusehen. Zu wünschen wäre es ihm allemal.

8/10

Für Fans von: 
Willkommen bei den Sch´tis, Ziemlich beste Freunde, Monsieur Claude und seine Töchter

Montag, 2. März 2015

Wo soll's hingehen?







Als wir träumten

In Als wir träumten skizziert Regisseur Andreas Dresen das Schicksal einer Jugendclique im Leipzig der frühen 90er Jahre. Irgendwo zerrissen zwischen zwei Systemen, von denen keines ihrem Freiheitsdrang gerecht wird, sinken sie immer tiefer in einen Strudel aus Enttäuschungen, Perspektivlosigkeiten und schließlich Kriminalität. Besonders interessant ist dabei die Charakterisierung der Elterngeneration der Protagonisten. Deren Vertreter suchen allesamt Hoffnung und Halt in einer neuen, scheinbar grenzenlosen Welt, und schauen doch oft hilflos dabei zu, wie ihre Kinder und Schüler an dieser scheitern. Es sind für alle Beteiligten unbekannte Probleme einer Zeit, die sie zu überfordern scheint und in der sie keine Zugehörigkeit finden. Dresen und sein Drehbuchautor Michael Kohlhaase vermeiden dabei jegliche Schuldzuweisung und sorgen so für eine außenstehende Perspektive, die das Geschehen auf der Leinwand umso trister und schonungsloser erscheinen lässt. Die Messestadt Leipzig steht hierbei stellvertretend für jede Stadt der Neuen Bundesländer nach dem Mauerfall. Das Zeigen von Wahrzeichen oder Stadtpanoramen wird tunlichst vermieden. Als wir träumten wird dabei durch fiebrige Schnitte und aufregende Kameraeinstellungen geprägt. Zusammen mit einem antreibenden Elektrosoundtrack spiegelt die technische Seite des Streifens all das wieder, was sich die Jugendlichen erhoffen. Denn gehofft und geträumt wird viel im Film. Es ist imaginäre Ausflucht aus der grauen Wirklichkeit und gleichzeitig die einzige Möglichkeit, dieser tatsächlich zu entfliehen. Denn jeder hat seine Träume. Ob die große Karriere als Reporter oder der Erfolg als Profiboxer. Auch wenn die Chancen schlecht stehen, den Glauben an sich und ihren Erfolg gibt hier keiner auf. Als wir träumten ist nahezu ausschließlich mit neuen, unverbrauchten Gesichtern besetzt, was einer Millieu- und Zeitstudie natürlich sehr zu Gute kommt. Der Film ist ein gutes Beispiel für modernes und engagiertes deutsches Kino.

8/10

Für Fans von: Wir sind jung, wir sind stark, Trainspotting