Freitag, 29. Mai 2015

Bauet auf und reißet nieder


San Andreas

Kaum ein anderer Schauspieler profitiert derzeit so enorm von seinem Leben abseits der Kamera wie Dwayne Johnson. Durch seine Omnipräsenz in allen Medien perfektionierte der ehemalige Wrestler in den letzten Jahren das Bild vom anpackenden Sympathieträger. Ihm die Hauptrolle in einem Katastrophenfilm der alten Schule anzubieten, erscheint daher folgerichtig. Und so ist Johnson auch einer der wenigen Lichtblicke im sehr mittelmäßigen San Andreas. Durch Verschiebungen des titelgebenden Grabens wird der Westen der USA von einer Serie gewaltiger Erdbeben erschüttert. Rettungsflieger Ray Gaines macht sich darauf hin auf, seine versprengte Frau und die gemeinsame Tochter aus dem völlig zerstörten San Francisco zu bergen. Noch vor 20 Jahren wäre San Andreas der Blockbuster der Saison gewesen. Durch die aufkommende CGI-Technik konnten Regisseure monumentale Zerstörungsorgien zeitgemäß auf die Leinwand bringen. Filme wie Deep Impact, Independence Day oder Armageddon zeugen von dieser Welle. Doch den heute oftmals als zu künstlichen wirkenden Computereffekten stehen große Teile des Kinopublikums mittlerweile skeptisch gegenüber. So hat auch San Andreas mit teils billigem CGI zu kämpfen. Vor allem die Eingangssequenz stößt diesbezüglich bitter auf. Generell wirkt der Streifen recht anachronistisch. Mehr als einmal wähnt man sich in einem Roland Emmerich-Film der neunziger Jahre. Dazu mag über die Laufzeit von 115 Minuten keine Spannung aufkommen. Die Unverwundbarkeit von Dwayne Johnson hat natürlich Methode, doch auch um alle anderen Charaktere sorgt sich der Zuschauer nicht wirklich. Zu offensichtlich sind der Aufbau der einzelnen Szenen und des gesamten Films. Weiterhin ist es traurig anzusehen, wenn gestandene Schauspieler wie Paul Giamatti derart platte Dialoge in den Mund gelegt bekommen, wie es hier der Fall ist. Das Drehbuch hätte im Ganzen noch einiger Überarbeitung bedurft. Doch San Andreas hat natürlich auch Stärken vorzuweisen. Sobald Regisseur Brad Peyton (Die Reise zur geheimnisvollen Insel) das bombastische Inferno über die amerikanische Westküste niederprasseln lässt, ist große Unterhaltung geboten. San Andreas versucht glücklicherweise nie mehr als ein großes Zusammenfallen und Auseinanderbrechen zu sein. Somit bleibt der Film angenehm kurzweilig. Fans großer Materialschlachten dürfen sich auf einen optisch ansprechenden Actionfilm mit gut aufgelegtem Dwayne Johnson freuen. Allen anderen kann ich San Andreas jedoch nicht empfehlen.

5/10

Für Fans von: 2012, Erdbeben

Donnerstag, 28. Mai 2015

Der eiserne Koch



Kiss the Cook

Trotz teils großartiger Kritiken und eines enormen Casts voller Weltstars, dauerte es exakt ein Jahr und drei Wochen ehe Kiss the Cook nach seiner Erstveröffentlichung einen deutschen Kinostart erhielt. Mit dem lang erwarteten Sommer in Aussicht kommen wir nun endlich in den Genuss dieses uneingeschränkt positiven Feel-Good-Movies, das jedoch nicht frei von Schwächen ist. In Kiss the Cook sehen wir Iron Man-Regisseur Jon Favreau ebenso als Verantwortlichen hinter der Kamera, wie auch als Hauptdarsteller. Sein Chefkoch Carl Casper beschließt unter dem Druck eines örtlichen Restaurantkritikers, seines ignoranten Vorgesetzten, seiner Exfrau und schließlich vor allem aufgrund eines ausartenden Twitter-Krieges seinen Job in einem Gourmetrestaurant an den Nagel zu hängen und fortan mit einem Foodtruck durch den Süden der USA zu reisen um seine innovativen Gerichte an den Mann zu bringen, während er die Beziehung zu seinem halbwüchsigen Sohn erneuern will. Kiss the Cook ist immer dann am stärksten, wenn er sich voll auf seine Athmosphäre und seine schwelgerischen Kochszenen konzentriert. Hungrig sollte man diesen Film auf keinen Fall sehen, denn was wir hier geboten bekommen ist Food-Porn durch und durch. Unter der Anleitung von Los Angeles' Kultkoch Roy Choi, der auch als Koproduzent fungiert, taucht Kiss the Cook vollends in die Esskultur der amerikanischen Südstaaten ein. Ein großes Lob verdient sich auch die Besetzung voller Topstars. So versammelt Jon Favreau unter anderem Sofia Vergara als Exfrau, Dustin Hoffman als cholerischen Chef, Oliver Platt als Foodblogger und die allseits bekannten Nebendarsteller Bobby Cannavale (Boardwalk Empire) und John Leguizamo (John Wick, Ice Age 1-5) als Küchenteam um sich. Dazu kann sich Favreau seiner Mitstreiter im Marveluniversum erfreuen. Scarlett Johansson und Robert Downey Jr. sind daher in Gastrollen zu sehen. Doch Kiss the Cook hat auch mit einigen Problemen zu kämpfen. Trotz des vielfach preisgekrönten Kameramanns Kramer Morgenthau (Thor 2, Game of Thrones) ist die Inszenierung des Film altbacken und dröge. Das Timing der Schnittfrequenzen ist schlecht und unterstützt so übertrieben lange Kameraeinstellungen, die zu allem Überfluss ein weitaus störnderes Problem verstärken. Während Thematik und der zugegebenermaßen großartige Soundtrack einen Indiefilm suggerieren sollen, badet sich Kiss the Cook jedoch in übertrieben schamlosen Product Placement. Zahlreiche Szenen dienen lediglich der Erläuterung von Twitter und Vine. Der Charakter von Carl Caspers Sohn Percy scheint einzig zu diesem Zweck im Film aufzutauchen. Diesbezüglich steht Kiss the Cook offensichtlicheren Werbefilmen wie Sex Tape und Prakti.com in nichts nach. Da Chef (so übrigens der weitaus sinnvollere Originaltitel des Films) in seinen 115 Minuten Laufzeit sonst eine warmherziges Liebeserklärung an gutes Essen auf die Leinwand bringt, ist dieser fade Beigeschmack besonders ärgerlich.

7/10

Für Fans von: Madame Mallory und der Duft nach Curry, Can a song save your life?

Donnerstag, 21. Mai 2015

EIne gigantische Achterbahnfahrt



A world beyond

Brad Bird ist wohl derzeit einer der gefragtesten Regisseure Hollywoods. Schon sein Erstlingswerk Der Gigant aus dem All wurde mit Preisen überhäuft und gilt heute als einer der einflussreichsten Animationsfilme der letzten 20 Jahre. Nachdem Bird mit Ratatouille und Die Unglaublichen maßgeblich dazu beitrug, Pixar derart legendär werden zu lassen, entwickelte er im Jahre 2011 mit Phantom Protokoll die Mission: Impossible-Reihe, und auch ein Stück weit das moderne Actionkino, weiter. Aller Voraussicht nach wird auch sein fünfter, abendfüllender Spielfilm Birds Ruf als großen Visionär fortführen, denn A world beyond ist beeindruckendes und traumhaftes Kino für jedes Alter. Eingebettet in phantastischste Sets voller Verschrobenheit, Liebe zum Detail und schierer Gigantomanie erzählt A world beyond die märchenhafte Geschichte der Parallelwelt Tomorrowland (so auch der Originaltitel des Streifens). Der Film handelt von Fortschrittsglauben, dem Streben nach einer friedvollen Zukunft, sowie der Notwendigkeit des Träumens und vermittelt dabei wichtige, ökologische Botschaften. Tomorrowland kann dabei getrost als Quintessenz aller Disney-Welten gelten. Nicht umsonst wurde A world beyond von klassischer Science- Fiction, der Vorstellung des Paradieses Utopia und eigenen, futuristischen Attraktionen in Disneyland inspiriert. Glücklicherweise ließ Brad Bird seine Visionen nur bedingt am Computer entstehen (und falls doch ist die Tricktechnik absolut grandios), sondern drehte bevorzugt on location, beispielsweise in der legendären Stadt der Künste und Wissenschaften im spanischen Valencia. Während Kulissen, Tempo (die 130 Minuten Laufzeit vergehen wie im Flug) und Grundidee des Films ohne Einschränkungen funktionieren, kann der Film doch nicht zu 100 Prozent überzeugen. Dafür fällt die Story im letzten Drittel doch ziemlich ab. Die Auflösung der Geschichte ist verhältnismäßig plump, Hugh Lauries Charakter des despotischen Tomorrowland-Oberhauptes David Nix hätte für eine ausgefeiltere Figurenzeichnung durchaus mehr Leinwandzeit bedurft, doch vor allem wird die zentrale Aussage des Films zu billig plakatiert. Wovon A world beyond hingegen vorbehaltlos profitieren kann, ist sein junges Schauspielensemble. Drei der tragenden Figuren des Films sind Kinder oder Teenager. Newcomer Thomas Robinson und Raffey Cassidy agieren überzeugend, während der aufstrebende Topstar Britt Robertson (aktuell auch mit Kein Ort ohne dich im Kino) die Hauptrolle der Casey Newton (!) überzeugend ausfüllt. Neben dem schon erwähnten Dr. House-Darsteller Hugh Laurie sehen wir außerdem einen grantigen George Clooney als zurückgezogenen Wissenschaftler in der zweiten Hauptrolle. Trotz der genannten Schwächen ist A world beyond schlussendlich ein toller Film geworden. Fernab von jedem Eskapismus nimmt er seine Figuren und deren Welt ernst und bietet dem Zuschauer ein phantastisches Abenteuer für alle Sinne.

8/10

Für Fans von: Avatar, Guardians of the Galaxy

Mittwoch, 20. Mai 2015

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer



What the fuck heißt redirected?

Eine alte Hollywoodregel besagt, besser gut kopiert als schlecht selbst gemacht. Wenn also ein junger, aufstrebender Regisseur Vinnie Jones davon überzeugen kann, in seiner Hommage an die Gangsterfilme Guy Ritchies mitzuwirken, die diesen einst im Schauspielfach etablierten, sollte jedem Fan schwarzen Humors und ausufernder Gewalt eine vergnügliche Zeit bevor stehen. Doch was der litauische Filmemacher Emilis Velyvis in seinem englischsprachigen Debüt auf die Leinwand bringt, enttäuscht auf ganzer Linie. In What the fuck heißt redirected folgen wir vier britischen Kleinkriminellen, die sich nach dem geglückten Raubüberfall auf das Pokerturnier eines Gangsterbosses nach Malaysia absetzen wollen. Als das Flugzeug der vier jedoch in Vilnius Notlanden muss, geraten sie zunehmend mit schießwütigen Bauern, betrügerischen Prostituierten und einheimischen Schmugglern in Konflikt, während ihnen die halbe Londoner Unterwelt an den Fersen hängt. Wie sich aus den letzten Zeilen bereits herauslesen lässt, bedient Emilis Velyvis durchweg billigste Osteuropaklischees. Statt mit gutmütiger Verschrobenheit auf die Eigenarten seiner Landsleute aufmerksam zu machen, erinnert die Charakterisierung der Nebenfiguren an billige Komödien der 90er Jahre. Dazu ist das Drehbuch von What the fuck heißt redirected ein totaler Reinfall. Hier wird nicht dem modernen Gangsterkino gehuldigt, stattdessen sehen wir lieblos aneinander geschusterte Szenen, die eins zu eins aus Bube, Dame, König, Gras oder Hangover stammen könnten. Den Akteuren vor der Kamera kann ich wenig vorwerfen. Sie verkörpern ihre eindimensionalen Figuren mit maximalem Körpereinsatz. Wer jedoch einen Vinnie Jones-Film erwartet, wird enttäuscht sein. Der ehemalige Fußballprofi wird zwar durch seine internationale Bekanntheit als Aushängeschild des Films beworben, hat im fertigen Streifen jedoch allenfalls eine durchschnittliche Nebenrolle. Die Inszenierung des Films ist stets bemüht, doch auch hier scheinen Kameraeinstellungen und Schnittfolgen nur aus offensichtlichen Vorbildern kopiert worden zu sein. What the fuck heißt redirected sind immerhin einige gelungene Slapstickeinlagen zu Gute zu halten, dazu möchte ich auch die Hartnäckigkeit aller Beteiligten loben, dieses einfallslose B-Movie ohne Rücksicht auf Verluste bis zum aufgesetzten Schlusstwist durchzuziehen.  

 3/10

An dieser Stelle ein Tipp an alle: Schenkt euch den Gang ins Kino und kramt die DVD von Bube, Dame, König, Gras, Snatch oder Layer Cake raus.

Dienstag, 19. Mai 2015

Ihr werdet ihn nicht mehr los







Der Babadook

Mit einem Budget von nur 2 Millionen Dollar und nach Vorlage ihres eigenen Kurzfilmes Monster inszenierte die australische Regisseurin Jennifer Kent den aufsehenerregenden, psychologischen Horrorfilm Der Babadook. Das Horrorgenre hat Regiedebütanten schon immer die Möglichkeit gegeben, große Karrieren trotz wenig finanziellem Aufwand und dank einer klaren Vision zu begründen. Nach diesem Prinzip wurden beispielsweise The Blair Witch Project und Saw zu einflussreichen Kassenknüllern, die eigene Subgenres begründeten. Bei einem Haunted-House-Film über einen ominösen schwarzen Mann und ein besessenes Kind liegt ein solcher Erfolg zunächst nicht nahe, schließlich sind Filme dieser Art in den vergangenen Jahren zu mittelmäßiger Massenware verkommen. Doch Jennifer Kent lässt sich mit Der Babadook nicht auf ein vorhersehbares Spiel à la Insidious ein, sondern überrascht mit einer neuartigen Sicht auf das grausige Geschehen. Denn angsteinflösend kann Der Babadook definitiv sein. Besonders die wirklich ausgeklügelte Soundspur weiß zu überzeugen. Mit ruhigem Aufbau, und ohne billige Effekthascherei, zieht der Babadook auch den Zuschauer in seinen verhängnisvollen Sog. Ein großes Lob gilt auch den beiden Hauptdarstellern. Überraschenderweise kann der erst 7jährige Noah Wiseman als verängstigtes Kind mit einer Vorliebe für selbst gebaute Waffen restlos überzeugen. Für die Darstellerin dessen Mutter, Essie Davis, sollte Der Babadook verstärkte internationale Aufmerksamkeit erzeugen. Denn ihre Performance geht weit über eine typische Horrorfilmcharakterisierung hinaus. Thematisch ist Der Babadook eine völlig neue Erfahrung für Gruselfans. Die komplexe Mutter-Kind-Beziehung steht eindeutig im Vordergrund, doch auch falsche Trauerarbeit, unerfüllte sexuelle Wünsche und Anleihen am expressionistischen Kino werden in einen großen metaphorischen Topf geworfen, der im bedrückenden Finale im Wesen des Babadooks verschmilzt. An dieser Stelle hat Der Babado ok dann mit einigen Schwächen zu kämpfen, denn Inszenierung und Bedeutung des Films gehen nicht durchweg Hand in Hand, der Streifen vergisst teilweise schlicht seinen Zuschauer mitzunehmen. Dazu kann sich Jennifer Kent trotz des löblichen Verzichts auf nervige Jump-Scars nicht alle Gruselfilmklischees verkneifen. Das Gesamtbild wird dadurch allerdings kaum getrübt. Somit bleibt der Babadook ein eindringlicher Horrorstreifen mit spannenden Ideen.

7/10

Für Fans von: Der Exorzist, Der Ring

Samstag, 16. Mai 2015

Die Flammenwerfer-Gitarre







Mad Max: Fury Road

Ähnlich spektakulär wie das fertige Werk, war auch die Entstehungsgeschichte dieses Films. Über 25 Jahre lang wollte Regisseur George Miller Mad Max: Fury Road schon inszenieren, doch unsichere Drehorte, verschiedene Scriptfassungen und schließlich der Ausstieg des Ur- Max Mel Gibson verzögerten die Produktion. Und auch der Zeitraum von Beginn der Dreharbeiten bis zur Premiere in Los Angeles streckte sich letzten Endes über dreieinhalb Jahre. Von all diesen Querelen ist dem fertigen Werk glücklicherweise nichts anzumerken. Mad Max: Fury Road ist ein dystopisches Actionspektakel ganz besonderer Prägung. Während uns George Miller in der klaustrophobischen und unangenehmen Beginnviertelstunde in die Zeit nach atomarer Vernichtung und Klimakollaps einführt, liegt das Augenmerk in Mad Max: Fury Road im Folgenden nur noch auf der Straße. Der Film nimmt uns auf eine schier unfassbare Reise durch endlose Wüsten aus Sand, Salz und Sumpf und präsentiert uns dabei irre Gestalten aus einem fanatischen Kult, nymphengleiche Schönheiten in strahlendem Weiß und vor allem wieder und wieder Stahlkolosse auf zwei, vier oder deutlich mehr Rädern. Ausstattung und Kostüme bereichern die Welt in Mad Max: Fury Road aufs enormste und können den Zuschauer stetig beeindrucken. Dazu sind Kameraarbeit und generelle Optik des Films schlicht atemberaubend. Ohne hektische Schnitte und dank langer Panoramaschwenks lässt sich stets der Überblick über das chaotische Geschehen behalten, extreme Nahaufnahmen und rasante Kamerafahrten unterstreichen die sauber inszenierte Action. Mad Max: Fury Road zeigt uns dabei die Wüste in all ihrer (überstilisierten) Schönheit. Ob in gleißender Sonne, in apokalyptischen Sandstürmen oder in einsamer Nacht, trotz der beeindruckenden Bildgewalt scheint die Natur den bereits untereinander verhassten Menschen ein weiterer Feind zu sein. Dazu schenkt uns der niederländische Kult-DJ Junkie XL einen monströsen Score aus monumentaler Klassik und treibenden Industrial-Beats. Doch auch Mad Max: Fury Road kommt nicht ohne Schwächen aus. Vor allem im dritten Viertel des Films schleichen sich einige Längen ein. Dem Streifen einen Vorwurf über fehlende inhaltliche Tiefe zu machen ist definitiv schwierig, da George Miller uns nie etwas anderes zeigen möchte, als wir schlussendlich sehen. Trotzdem bietet der sehr minimalistische Drehbuchverlauf dem Zuschauer in Teilen der 120 Minuten und abseits der großen Verfolgungsschlachten Leerlauf. Fans dystopischer Actionfilme wird dies kaum stören, ebenso muss jeder Kinogänger für sich entscheiden, wie tief er in eine Welt eintauchen möchte, in der sich hauptsächlich durch eine grunzende Fiktivsprache unterhalten wird. Der schiere Ideenreichtum, im Kleinen, wie im Großen, spricht aber in jedem Fall für Mad Max: Fury Road. Also: Ansehen und eigene Meinung bilden. In jedem Fall aber in 3D. Und richtig laut.

8/10

Für Fans von: Mad Max I-III, The Book of Eli, Death Race

Donnerstag, 7. Mai 2015

Die Söhne des Brunnenbauers



Das Versprechen eines Lebens

Wie wir am Ende des Films erfahren, wurden im ersten Weltkrieg 37 Millionen Menschen getötet oder verwundet. Auf das Schicksal dreier dieser Betroffenen geht Russell Crowe in seinem Regiedebüt ein. In Das Versprechen eines Lebens spielt der Oscargewinner den Farmer und Brunnenbauer Joshua Connor, dessen Söhne aus dem Dienst der auf britischer Seite kämpfenden, australisch/neuseeländischen Armee ANZAC nicht in seine Heimat zurückkehrten. Ausgelöst durch den Selbstmord seiner Frau beginnt Connor im besetzten und umkämpften Anatolien nach den sterblichen Überresten seiner Kinder zu suchen, um sie neben ihrer Mutter zu begraben. Da sich das Osmanische Reich im ersten Weltkrieg den Mittelmächten angeschlossen hatte, wurde es nach Kriegsende 1918 unter britische, italienische, griechische und französische Verwaltung gestellt. Neben den türkischen Nationalisten unter Mustafa Kemal, waren es vor allem die Griechen, die nach ihrem Expansionsstreben der Megali Idea um Besitztümer kämpften. In dieses allgemeine Chaos bettet Crowe nun sein enorm ambitioniertes Erstlingswerk. Jeder Szene ist eine große Bedeutung anzumerken, Subtilität gehört definitiv nicht zu den Stärken des Films. Dazu schrammt Das Versprechen eines Lebens in seiner sehr melodramatischen Art die kulturellen Konflikte der Sieger und Besiegten herauszuarbeiten, teils nur knapp am Kitsch vorbei. Das alles stört jedoch ein äußerst stimmiges Gesamtbild nicht. The Water Diviner (so der Originaltitel des Streifens) begeistert auffallend durch seine betörenden Bilder. Gedreht an Originalschauplätzen in Australien und der Türkei, fügen die schwelgerischen Landschaftspanoramen den brutalen Kriegswirren etwas sehr Episches hinzu. Doch auch in allen anderen Szenen ist die Kameraarbeit stets frisch und innovativ. Gemeinsam mit dem sehr monumentalen Score ist Das Versprechen eines Lebens ein wahrlicher Genuss für die Sinne. Dazu kommt Crowe mit einer vergleichsweise kurzen Laufzeit von 111 Minuten aus, was der Spannungskurve des Films trotz des etwas überhasteten Finales merklich gut tut. Dazu sorgen die ausschließlich australischen und türkischen Akteure vor der Kamera (mit Ausnahme der Ukrainerin Olga Kurylenko) für eine hohe Authentizität, zu der ein sehr ordentliches Set Design und vielfältige historische Kostüme ebenfalls beitragen. So kann Russell Crowe mit seinem vielschichtigen Regiedebüt aus Melodram, Kriegsdrama und modernem Western größtenteils überzeugen.

8/10


Für Fans von: The Cut, Lawrence von Arabien