Sonntag, 28. Juni 2015

Frische Steine



Ted 2

Nach seinem peinlichen Rohrkrepierer A Million ways to die in the west besinnt sich Seth MacFarlane in der Fortsetzung seines Erfolgsfilms Ted wieder auf seine Stärken, die zweifellos nicht im Schauspielfach zu finden sind. Als Regisseur, Drehbuchautor, Synchronsprecher und, vor allem, Nerd bringt uns der Family Guy-Schöpfer den kiffenden und fluchenden, tietelgebenden Teddybären zurück auf die Leinwand. In seinem zweiten Abenteuer kämpft Ted gerichtlich um seine Bürgerrechte, die ihm im Zuge einer versuchten Adoption aberkannt wurden. Dieser Kampf vereinigt natürlich vordergründig alle Bestrebungen für die Gleichstellung von Minderheiten. Auf der offensiv-humoristischen Ebene hat Ted 2 damit auch kein Problem, denn MacFarlane spottet hier über jeden und alles, egal ob unterdrückt oder überrepräsentiert. Die letztendliche Aussage des Films, ein menschliches Wesen definiere sich hauptsächlich durch bewusstes Mitgefühl, schränkt seine Gleichheitsaussage jedoch gefährlich ein, da es beispielsweise geistig Behinderte oder Säuglinge ausklammert. Dazu schießt MacFarlane übers Ziel hinaus, wenn er Teds Situation mit der amerikanischer Sklaven vergleicht. Abseits dieser Überlegungen ist Ted 2, ähnlich wie sein Vorgänger, größtenteils ein respektloser Spaß. In einigen Fällen übertrumpft er diesen sogar. Vor allem die wiederkehrende Antagonistenrolle von Giovanni Ribisi wurde in Ted 2 glücklicherweise verkleinert und deutlich makaberer ins Geschehen eingepasst. Dazu wird Popkultur nun nicht mehr bloß zitiert, sondern nimmt in der Figur von Teds Anwältin Sam L. Jackson (!!!) einen zentralen Themenpunkt ein. Dazu tragen auch zahlreiche, meist wahnsinnig witzige Cameos bei. So sehen wir unter anderem Actionikone Liam Neeson, 24- Präsident Dennis Haysbert, Football Superstar Tom Brady und Flash Gordon-Darsteller Sam L. Jones (der schon im ersten Teil fleißig dabei war) neben dem Hauptcast um Mark Wahlberg, Amanda Seyfried und Morgan Freeman über die Leinwand huschen. Ansonsten wiederholt Ted 2 die Erfolgsformel aus Drogenexzessen, Slapstick und anzüglichen Witzen. Jedoch fällt die Gagdichte etwas geringer aus, als noch im ersten Teil. Dies liegt vor allem an der stattlichen Laufzeit von 116 Minuten, in der deutlich zu viel Handlung versucht wird unterzubringen. Schlussendlich wird Ted 2 Fans offensiven Humors zufriedenstellen. Für eine mögliche weitere Fortsetzung ist allerdings noch Platz nach oben.

6/10

Für Fans von: Ted, Wir sind die Millers

Donnerstag, 18. Juni 2015

Der Kühlschrank-Präsident



Big Game

Nach dem überraschenden Erfolg seiner Weihnachts-Horrorkomödie Rare Exports: A Christmas Tale von 2010, bekam Regisseur Jalmari Herlander die Möglichkeit mit einem Budget von 8,5 Millionen Dollar die teuerste finnische Produktion aller Zeiten zu realisieren. Diesem Umstand verdanken wir nun ein kurzweiliges und witziges Abenteuer mit internationaler Topbesetzung: Big Game. Nach einem Anschlag auf die Air Force One muss der evakuierte Amerikanische Präsident gemeinsam mit dem 13jährigen Oskari die Wildnis Lapplands überstehen und sich dabei internationalen Terroristen erwehren. Jalmari Herlander siedelt Big Game im naturbelassenen Norden Finnlands an. Das Leben der dortigen Menschen ist geprägt von archaischen Männerriten. Und so muss Oskari an seinem dreizehnten Geburtstag eine Nacht und einen Tag allein auf die Jagd gehen. Doch weder sein Vater, noch die Dorfgemeinschaft aus der er stammt, glauben an seine Fähigkeiten und Instinkte. Dies verbindet ihn mit Samuel L. Jacksons Präsident Moore, der mit dem Vorwurf der Schwäche und Entscheidungsunfähigkeit zu kämpfen hat. Jackson und Nachwuchsschauspieler Onni Tommilla (der übrigens der Neffe des Regisseurs ist) haben dabei eine ordentliche Leinwandchemie. Big Game präsentiert dazu die finnischen Gebirge als weiteren Hauptcharakter mit eigenen Regeln. Da im realen Norden des Landes ausschließlich Flachland zu finden ist, wurde komplett in den deutschen Alpen und den Bavaria Studios München gedreht. Allen ernsthaften Absichten und bemühter Professionalität zum Trotz ist Big Game letzten Endes ein großes Trash-Fest. Glücklicherweise weiß der Film von seiner lächerlichen Story und seinen eindimensionalen Charakteren und macht sich einen großen Spaß daraus dem 80er Jahre Abenteuerkino zu huldigen. Die Naturkulisse von Cliffhanger, der junge Held aus E.T., dazu das Antagonisten- Team aus Stirb langsam – Big Game feiert die liebsten Filme seines Regisseurs und unterhält damit prächtig. Erwartungsgemäß sind die schauspielerischen Leistungen trotz hohem Potential (so sehen wir unter anderem Oscargewinner Jim Broadbent, Das Schweigen der Lämmer- und Monk-Star Ted Levine, sowie Ex-Tatort-Kommissar Mehmet Kurtulus) dem Niveau des Drehbuchs angemessen, dazu erscheinen die visuellen Effekte auch eher einer durchschnittlichen Fernsehserie entsprungen. 90 Minuten großem Spaß tut dies jedoch alles keinen Abbruch. Denn der ist mit Big Game garantiert.

7/10

Für Fans von: Cliffhanger – Nur die Stärksten überleben, Air Force One

Montag, 15. Juni 2015

Sinfonie der Großstadt







Victoria

Mit Gravity und Birdman hat sich die Plansequenz, oder der Oneshot, in den letzten Jahren wieder einmal ins massenkulturelle Gedächtnis gebrannt. Doch bestimmten hier technische Brillianz und perfekt getimte Zuarbeit das Geschehen, das dankenswerterweise nach, zugegeben eindrucksvollen, Minuten abgelöst wurde. Der deutsche Regisseur Sebastian Schippler zeigt dem Publikum in Victoria nun das vollendete schnittlose Drehen, in dem er 140 Minuten geballtes Kino in einer einzigen Kamerafahrt drehen ließ. Doch bleiben dem geneigten Kinogänger nach Genuss dieses außergewöhnlichen Films nicht vordergründig die technischen Leistungen der Crew, sondern vielmehr die atemlose Geschichte und ihre vielschichtigen Helden im Gedächtnis. Die Madrilenin Victoria lebt seit kurzer Zeit in Berlin und wird nach einem Clubbesuch von den vier Freunden Sonne, Boxer, Fuß und Blinker durch die nächtliche Bundeshauptstadt geführt. Dass der Plot keine liebliche oder alltägliche Entwicklung nehmen wird, ist von der ersten Minute an zu spüren. Und dennoch geht Schippler weit über die üblichen Szeneschilderungen hinaus und entwickelt in Victoria eine ungeahnte emotionale Fallhöhe. Seine Erzählung ist konsequent offen, wie die Stadt in der sie angesiedelt ist. Durch die fließende Kameraarbeit erreicht Victoria eine völlig neuartige Unmittelbarkeit beim Publikum. Das Kino und der Film selbst sorgen hier in ungewohnt vereinigter Art dafür, beim Zuschauer keine Unterbrechung zuzulassen. Ein Pausieren oder Überdenken ist in Victoria nicht möglich. Die Symbiose aus Inhalt und Form durchströmt den Kinogänger bis zum atemlosen Finale konsequent. Das famose Darstellerensemble, angeführt von den großartigen Laia Costa als titelgebende Victoria und Sonne-Darsteller Frederik Lau, unterstreicht den fast schon dokumentarisch-realistischen Look des Films. Fast ohne Drehbuch erarbeiteten Regisseur und Schauspieler Ablauf, Dialoge und Figurencharakterisierung in mehrmonatigen Proben, bevor insgesamt drei Aufnahmen des gesamten Films angefertigt wurden, von denen die letzte nun den Weg in die Kinos gefunden hat. Trotz allen Lobes von meiner Seite, wird nicht jeder in diesem Film sein Heil finden. Dass ein solch existentielles Drama den Mainstreamgeschmack trifft, bleibt zu bezweifeln. Doch zumindest die Leistung des norwegischen Kameramanns Sturla Brandth Grøvlen, der verdienterweise auf der Berlinale mit dem silbernen Bären für herausragende Kameraarbeit bedacht wurde, sollte einem jeden Filmfan das Eintrittsticket wert sein.

9/10

Für Fans von: Als wir träumten, Lola rennt,

Kugeln und Krapfen



Die Mafia mordet nur im Sommer

Der Mordanschlag auf die Antimafia-Ermittler Giovanni Falcone und Paolo Borsellino im Jahre 1992 motiviert bis heute Menschen gegen pizzo und einen vermeintlichen Ehrenkodex zu kämpfen. Nicht selten bezahlen sie ihren Einsatz mit dem Leben. Den Höhepunkt des großen Mafiakrieges in und um Palermo in den frühen achtziger Jahren nimmt der sizilianische Fernsehsatiriker Pierfrancesco Diliberto, genannt Pif, in seinem Kinodebüt nun als Ausgangspunkt, um durch eine semibiografische RomCom das Verhältnis der Parlermitaner zur Mafia zu charakterisieren. Pif beschränkt sich in Die Mafia mordet nur im Sommer jedoch nicht nur auf die Arbeit hinter der Kamera, sondern verkörpert auch den Protagonisten und Erzähler Arturo in dessen Zwanzigern. Vorrangig kämpft der 1970 geborene zukünftige Journalist während seiner Kindheit und Jugend um die Anerkennung seiner großen Liebe Flora. Notgedrungen muss er sich mit kindlicher Naivität wiederholt dem allgegenwärtigen, organisierten Verbrechen stellen. So lässt Pif seinen kleinen Helden, der im Film übrigens eine wahnwitzige Begeisterung für den italienischen Langzeitministerpräsidenten Giulio Andreotti entwickelt, die Bekanntschaft des 'Bosses der Bosse', Toto Rìina, sowie des umstrittenen Bürgermeisters Palermos, Salvatore Lima (der sich, wie Andreotti, auch gerichtlich zu Verbindungen zur Mafia äußern musste), machen. Doch es sind vor allem die Gegner der Mafia, wie die großen Vorkämpfer für ein Antimafia- Gesetz Pio la Torre und Carlo Alberto Della Chiesa, sowie der Staatsanwalt Rocco Chinicci, die den jungen Arturo nachhaltig prägen. Ähnlich wie in dieser Kritik fliegen dem geneigten Zuschauer in Die Mafia mordet nur im Sommer zahllose Namen, Daten und Ereignisse um die Ohren. Ein wenig Vorwissen über sizilianische Kultur oder die neuere Geschichte der Insel ist für den beeindruckenderen Part des Films daher von Vorteil. Denn die satirische Verknüpfung der brutalen Geschehnisse auf Palermos Straßen mit einer Kinderbiografie funktioniert ganz hervorragend. Die Liebesgeschichte bildet zwar einen entspannten Gegenpart zum allgegenwärtigen Chaos, ist jedoch verhältnismäßig vorhersehbar. Optisch tobt sich Pif mit allerlei Parallelmontagen, Gegenschnitten und wirkungsvollem Morphing, in dem er die Hauptdarsteller in historisches Bildmaterial von Anschlägen oder Beerdigungen einbindet, gehörig aus. Und so bleibt Die Mafia mordet nur im Sommer eine bitterböse Erkundung sizilianischer Unmöglichkeiten mit erstaunlicher Gagdichte, die jedoch mit der knappen Leinwandzeit von 89 Minuten zu kämpfen hat.  

7/10

Für Fans von: Forrest Gump, Wild Tales

Donnerstag, 11. Juni 2015

Bekommen wir hier ein Pferd hinein?








Love & Mercy

Der Gedanke, das Rockmusik mehr sein kann, als bloße Unterhaltung war prägend für die sogenannte „Goldene Ära des Rock“ zwischen 1966 und 1972. Seine vielleicht persönlichste und emotionalste Ausprägung erfuhr diese Periode durch das Jahrhundertalbum „Pet Sounds“ der Beach Boys. Das Leben deren Frontmanns, Brian Wilson, kommt nun als Biopic Love & Mercy in unsere Kinos. Die späten Sechziger bilden dabei einen der beiden Schwerpunkte des Films. Wilsons ekstatische Arbeit an Pet Sounds, ein Album, das nach seiner Veröffentlichung übrigens nur mäßig geschätzt wurde, bildet den Ausgang für eine ergreifende und überraschende Künstlerbiografie. Anders als in herkömmlichen Vertretern dieses Genres, setzt Regisseur Bill Pohlad, der hier sein Erstlingswerk vorlegt, auf eine spannende und neuartige Erzählweise, in der nicht der Aufstieg und Fall eines Musikers in chronologischer Reihenfolge abgehandelt wird, sondern Wilson auf dem Höhepunkt seiner Karriere zusehends seiner Drogensucht und den damit einhergehenden Wahnvorstellungen verfällt, um schließlich langsam in ein normales Leben zurückzufinden. Der heute 62jährige wird dabei von zwei exzellenten Schauspielern verkörpert. Überflieger Paul Dano gibt den jungen Superstar in seinen Zwanzigern, während der umtriebige John Cusack den 80er- Jahre-Wilson spielt. Beide gehen vollends in ihren Rollen auf, obgleich ich Paul Danos Performance etwas besser empfand. Dies ist mit Sicherheit auch der Tatsache geschuldet, dass die Sixties-Szenerie der überzeugendere Filmteil ist. Denn ganz frei von kleinen Makeln ist Love & Mercy nicht. Hauptsächlich liegen diese in der Figur von Wilsons Psychiater Dr. Eugene Landy. Auch wenn Paul Giamatti eine sehr eindrucksvolle Performance als zusehends gefährlicher Seelenklempner abliefert, so ist Landys Charakterisierung doch zu eindimensional. Die Entwicklung zum typischen Antagonisten kann ein jeder Kinogänger von Beginn an erahnen. Die Szenen zwischen Landy, Wilson und dessen neuer Freundin Melinda Ledbetter (überragend gespielt von Pitch Perfect und 30 Rock-Star Elisabeth Banks) haben dadurch etwas Repetitives. Zugleich ist die Laufzeit von exakt 2 Stunden im Ganzen vollkommen angemessen. Denn der Mensch Brian Wilson lädt den Zuschauer mit seinem exzessiven Lebensstil zum unentwegten Mitfiebern ein. Besonders in seiner Funktion als Musiker begeistert er durch Genialität und Unerschütterlichkeit. An seinem Privatleben hingegen gehen nicht nur langjährige Freundschaften, sondern letzten Endes auch sein Körper zu Grunde. Durch sein starkes Ensemble bildet Love & Mercy, ein im Übrigen herausragend fotografierter Film mit genialem Einsatz von Musik (der Soundtrack stammt hierbei vom oscarprämierten Atticus Ross), einen der einflussreichsten Musiker des 20. Jahrhundert gebührend ab.

8/10


Für Fans von: Walk the Line, Ray

Die Dinos sind los







Jurassic World

Was Steven Spielberg 1993 mit Jurassic Park erschaffen hat, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Heute wird der familienfreundliche Survival-Horror durch die Etablierung der nun allgegenwärtigen CGI-Technik gemeinsam mit Krieg der Sterne oder Avatar in die Reihe der großen Meilensteine in der Evolution moderner Special-Effects genannt. Diese Errungenschaften sind umso beeindruckender, da Spielberg während der Dreharbeiten 1992 schon sein nächstes Mammutwerk Schindlers Liste plante, den er übrigens parallel(!) zur Post-Produktion von Jurassic Park verwirklichte. Und so waren die Erwartungen der Fans an den inzwischen vierten Teil der Dino-Saga trotz der deutlich schwächeren Vergessene Welt: Jurassic Park und Jurassic Park III entsprechend hoch. Und erfreulicherweise bietet Jurassic World 2 Stunden beste Unterhaltung und rasante Action. 20 Jahre nach den Ereignissen des ersten Films ließ Milliardär Simon Masrani einen Dinosaurier-Themenpark errichten, den sich Jurassic Park-Begründer Hammond so sehr gewünscht hatte. Doch Jurassic World kämpft mit schwindenden Einnahmen, so dass die Firmenleitung erstmals einen künstlichen Hybriden aus verschiedener Dino-DNA züchtet, der das Publikum durch seine Größe und Gefährlichkeit wieder verstärkt auf die Isla Nublar locken soll. Selbstverständlich geht fortan einiges schief und der hyperintelligente Indominus Rex zerfleischt alles, was ihm vor seine gigantische Nase rennt. Der künstliche Dinosaurier ist dabei inhaltlich ein guter Kniff, der im besten Falle den Konflikt um die Grenzen der Wissenschaft hätte thematisieren können. Doch in diesem Subplot bleibt das Drehbuch zu wirr und oberflächlich. Auch die große Zahl an eingeführten Charakteren bekommt der Film nie unter einen Hut, einige Nebenkriegsschauplätze weniger hätten Jurassic World gut getan. Hier wird ersichtlich, dass sich der Prozess um die Anerkennung ihrer Arbeit, der die Drehbuchautoren des Films bis Anfang April dieses Jahres beschäftigte, auch im fertigen Film niederschlägt. Ein großes Lob hingegen muss ich dem Hauptdarstellergespann Chris Pratt und Bryce Dallas Howard aussprechen. Ihre Leinwandchemie ist tadellos, vor allem Pratt überzeugt mit großem Charisma. Ihn als zukünftigen Indiana Jones zu casten, wäre meiner Meinung nach eine hervorragende Entscheidung. Technisch konnte mich Jurassic World überzeugen, standesgemäß ohne den Wow-Effekt des ersten Teils zu erreichen. Die Animation der Dinosaurier ist ordentlich gelungen und fügt sich gut in die geheimnisvolle Welt der Isla Nubar ein, die sich einmal mehr als idealer Ort für eine actionreiche Großwildjagd beweist. Hier schöpfen Regisseur Colin Trevorrow und sein Team aus den V,ollen und präsentieren uns vor allem in der stärkeren zweiten Hälfte des Films einige wirklich spannende Momente voller Angst und Terror mit deutlichen Anleihen an Predator. Für eine FSK 12-Freigabe ist Jurassic World dann auch erstaunlich blutig geworden und bietet einen stattlichen Bodycount, was Fans des ersten Teils natürlich freuen dürfte. Diese kommen im vorliegenden Streifen besonders auf ihre Kosten, da Jurassic Park an vielerlei Stellen im Film entsprechend gehuldigt wird. Auch wenn am Ende einige Handlungsstränge verschenkt sind, oder nicht aufgelöst werden (manche Szenen schreien geradezu nach einer weiteren Fortsetzung) ist Jurassic World unterhaltsames Popcornkino geworden.

7/10

Für Fans von: Jurassic Park, Predator

Freitag, 5. Juni 2015

Die Abenteuer der Katzenmutti


Spy – Susan Cooper undercover

Nach ihrem kometenhaften Aufstieg drohte Melissa McCarthy ein durchschnittliches Typecast-Opfer zu werden. Geradezu dogmatisch wurde sie in Filmen wie Tammy, Brautalarm oder Taffe Mädels in die Rolle der prolligen, fluchenden Draufgängerin gezwängt. Doch 2015 scheint sich ihr Blatt glücklicherweise zu wenden. Schon in St. Vincent überzeugte sie an der Seite von Bill Murray als überforderte Alleinerziehende, in Paul Feigs neuem Streich Spy ist sie nun in ihrer Rolle der CIA-Analystin Susan Cooper als liebenswerte Bürokraft mit geringem Selbstvertrauen zu sehen, die sich aufgrund mangelnder Alternativen als Agentin auf eine gefährliche Reise durch Europa begibt, um eine Atombombe wiederzubeschaffen. McCarthy überlässt dabei glücklicherweise den offensiven Humor ihren grandiosen Nebendarstellern und hat so die Sympathien der Zuschauer uneingeschränkt auf ihrer Seite. Aus dem illustren Cast um Rose Byrne als exzentrische Milliardärstochter, Bobby Cannavale als schmierigem Waffenhändler, Jude Law als Inbegriff des Gentleman-Spions und Peter Serafinovic als wandelndem, italienischem Klischee ragt vor allem Jason Statham hinaus. Mit sichtlicher Hingabe spielt er den verstoßenen Überagenten Rob Ford, der in minutenlangen Monologen über seine bizarren Taten referiert. Statham reißt damit jede Szene an sich, in der er auftritt. Allein seine Performance ist das Kinoticket wert. Die harten Actionsequenzen mit vielerlei Anleihen an offensichtliche Vorbilder (eine Hommage an die legendäre Küchenprügelei in The Raid 2 sei hier besonders hervorgehoben), sowie knackige Dialogduelle runden das positive Gesamtbild ab. In seiner Kernaussage ist Spy weniger Persiflage als viel mehr Verneigung vor dem klassischen Agentenkino à la James Bond. Paul Feig lässt jedes Fanboy-Herz höher schlagen, wenn er in einer völlig überkonstruierten Story an allen Ecken und Enden scheinbar unvorhergesehene Twists aus dem Ärmel schüttelt, die naturgemäß niemanden überraschen. Ohne sich jemals durch niveaulosen Humor beim Zuschauer anbiedern zu müssen, schafft es Spy das Publikum über die vollen 120 Minuten bei der Stange zu halten und wirkliches Interesse für die Figuren zu wecken. Einer vom Regisseur für durchaus möglich erachtete Fortsetzung sollte dank diesem tollen Ensemble nichts mehr im Wege stehen, zumal die öffentliche Meinung über Spy wahrlich großartig ausfällt.

8/10

Für Fans von: Kingsman – The Secret Service, Die etwas anderen Cops

Donnerstag, 4. Juni 2015

Wie soll dann die Hölle aussehen?




Kind 44

Schon vor seiner Veröffentlichung sorgte Kind 44 für reichlich Aufsehen. Der russische Kulturminister Vladimir Medinsky ließ sich zu der Aussage hinreißen, der Geschichtsthriller würde die Sowjetunion erscheinen lassen, wie das dunkle Königreich Mordor aus Der Herr der Ringe; schließlich wurde Kind 44 wegen unrussischer Umtriebe vor dem 70. Tag des Sieges über Nazideutschland aus den dortigen Kinos verbannt, darf aber auf DVD erscheinen. Die partielle Entscheidung, Kind 44 nur für den Heimkinomarkt zugänglich zu machen, wäre generell die Richtige gewesen. Denn der wirre Genremix mit seinen billigen Special-Effects, der schlechten Schnitttechnik und einem Drehbuch voller Plotholes, ist nicht für die große Leinwand gemacht. Doch als Ridley Scott-Produktion und mit dem omnipräsenten Tom Hardy an vorderster Front, begleiten wir den sowjetischen Geheimdienstoffizier Leo Demidow übertrieben lange 137 Minuten durch seine wechselvolle Karriere beim KGB-Vorgänger MGB und bei den problembehafteten Ermittlungen in einer Mordserie. Doch weder der Krimiplot, noch das verlustreiche Leben zwischen Vaterlandstreue und privatem Glück, werden in Kind 44 unterhaltsam oder spannend präsentiert. Der Film wirkt unausgegoren, oft zufällig und reißt viele Themen und Konflikte an, die nicht aufgelöst werden. So beginnt der Streifen beispielsweise als Mahnmal für die Opfer des Ukrainischen Hungers von 1933, der auch Demidow als Waisen aufwachsen ließ. Diese Vorgeschichte spielt im späteren Werk keine Rolle mehr. Ebenso wird mit einer möglichen Spionagetätigkeit von Demidows Ehefrau umgegangen, die Spannung hätte aufbauen können. Dazu wird schnell klar, das Tom Hardys Charakter der einzig wirklich aufrichtige ist. Die Darstellung aller weiteren Geheimdienstmitarbeiter und Vertreter des stalinistischen Regimes ist einseitig, ärgerlich und könnte aus einem billigen, amerikanischen Actionreißer aus der Hochzeit des kalten Krieges stammen. Dazu sieht Kind 44 auch richtig schlecht aus. Die trübe, regnerische Athmosphäre ist ausschließlich ermüdend und sorgt für keinerlei mysteriöse Stimmung, Stadtansichten und Panoramashots, auf die der Film regelmäßig zurückgreift sind mit beeindruckend schlechtem CGI verwirklicht wurden, die Actionszenen sind komplett zerstückelt und laden zum Fremdschämen ein. Letzten Endes scheitert Kind 44 noch an seinem eigenen moralischen Kompass, da er auf der einen Seite den Leitsatz der sowjetischen Propaganda „Im Paradies gibt es keinen Mord“ anprangert, den Tod vieler Menschen durch unnötige Brutalität und Effekthascherei aber inszenatorisch feiert. Einzig Tom Hardy liefert eine ordentliche Performance ab, die jedoch wirkungslos bleibt. Illustre Nebendarsteller, wie Gary Oldman, Joel Kinnaman (Robocop), Noomi Rapace, Jason Clarke (Planet der Affen: Revolution), Vincent Cassel (Oceans Twelve) und die Erbarmen und Schändung-Schauspieler Nikolaj Lie Kaas und Fares Fares sind für Kinofans nett anzusehen, können aber allesamt nicht gegen das miserable Drehbuch ankämpfen. Mit viel positiver Kraft könnte man Kind 44 Überambitioniertheit vorwerfen. Diesem schlechten Film würde das jedoch wahrscheinlich nicht gerecht werden.

3/10



Gute und schlechte Österreicher







Die Frau in Gold

Der Schwabinger Kunstfund bewegte im Februar 2012 die internationale Öffentlichkeit. Die juristischen Streitereien, die Cornelius Gurlitt und dessen Erben, das Land Bayern und die Schweiz seitdem beschäftigen, prägen in unseren Tagen das Bild mit dem Umgang von NS- Raubkunst. Kaum ein anderes Thema rückt in seiner gerichtlichen Beurteilung soweit in moralische Dimensionen vor. Den Beginn der Aufarbeitung dieses schwierigen Kapitels der Kunstgeschichte markiert zweifelsfrei die Washingtoner Erklärung von 1998, die 44 Staaten zu fairen und gerechten Lösungen hinsichtlich der Rückgabe der von den Nazis im Dritten Reich entwendeten Kunstwerke verpflichtete. Der erste große Fall, der von dieser Entwicklung beeinflusst wurde, wird nun in Simon Curtis' Die Frau in Gold filmisch aufgearbeitet. In zwei Zeitebenen berichtet uns der My Week with Marilyn-Regisseur von der Kindheit Maria Altmanns im besetzten Wien sowie ihrem Kampf um die Rückgabe des Gemäldes Adele Bloch-Bauer I. von Gustav Klimt. In der Hauptrolle der Maria Altmann überzeugt Helen Mirren auf ganzer Linie. Ihrem Schauspiel ist es zu verdanken, dass die mitunter festgefahrenen Verhaltensweisen der Altmann niemals engstirnig, sondern stets nachvollziehbar bleiben. Die Frau in Gold weiß in dieser Hinsicht als eindringliche und unaufgeregte Vergangenheitsbewältigung zu überzeugen. An Mirrens Seite sehen wir in der zweiten Hauptrolle Ryan Reynolds, der als Anwalt und Nachfahre Arnold Schönbergs seine österreichischen Wurzeln nutzt, um Maria Altmann juristisch zu unterstützen. Die Wandlung in dessen Motivation von reinem Erfolgsstreben hin zu persönlicher Anteilnahme wird vom Kanadier großartig porträtiert. Als Enthüllungsjournalist Hubertus Czernin, der die Causa Klimt ins Rollen brachte, sehen wir dazu Daniel Brühl. Der wesentlich spannender und überzeugender gestaltete Erzählstrang im Wien des Jahres 1938 wurde im Übrigen gänzlich mit deutschsprachigen Schauspielern gedreht. So können wir beispielsweise Tom Schilling, Justus von Dohnanyi, Nina Kunzendorf und Moritz Bleibtreu als Gustav Klimt in Die Frau in Gold bewundern. Auch wenn ein Historiendrama mit einer Laufzeit von 109 Minuten und zwei Handlungsebenen nicht gerade übertrieben lang zu sein scheint, so nagt Die Frau in Gold im letzten Drittel doch arg an der Geduld der Zuschauer. Die Inszenierung von insgesamt drei verschiedenen Gerichtsverhandlungen ist dramaturgisch mehr als redundant. Dazu ist der Streifen im Ganzen recht brav und altbacken gefilmt, was die Aufmerksamkeit des Kinobesuchers nicht zwingend erhöht. Hier wäre mehr Mut von Seiten der Verantwortlichen wünschenswert gewesen. Wer im Kern spannendes Geschichtskino mit tollen schauspielerischen Leistungen und brandaktuellem Bezug sehen möchte, wird mit Die Frau in Gold dennoch gut unterhalten sein.

7/10


Für Fans von: Monuments Men, Saving Mr. Banks