Dienstag, 25. August 2015

Die Suche geht weiter


Hitman: Agent 47

Im Jahre 2007 schien der perfekte Moment gekommen. Eidos Interactive konnte inzwischen auf vier gefeierte Teile der Computerspielsaga Hitman zurückblicken und hatte im Vorjahr das bis dato erfolgreichste und meiner Meinung nach auch beste Profikiller-Abenteuer der Reihe, Hitman: Blood Money, veröffentlicht. Einer Verfilmung stand also nichts mehr im Weg. Doch Hitman – Jeder stirbt allein verschwand als mittelmäßiger Ballerfilm im Dickicht ambitionierter aber unspektakulärer Videospieladaptionen. Acht Jahre später nun traut sich der polnische Debütregisseur Aleksander Bach erneut an die Geschichte des geheimnisvollen Profikillers. Doch Hitman: Agent 47 sei an dieser Stelle das gleiche Schicksal vorhergesagt, wie seinem Quasi-Vorgänger. Er wird vom Publikum vergessen werden. Dennoch Positives zuerst: Anders als Hitman – Jeder stirbt allein, greift die aktuelle Verfilmung auf die spannende Origin-Story des genetisch optimierten Elitekämpfers zurück und baut die Handlung auf dieser auf. Überhaupt wird versucht allen Charakteren eine aufgeladene und tragische Vergangenheit zu geben, jedoch hilft dies nicht, das Desinteresse am Geschehen zu verdrängen. Denn auch wenn Hitman: Agent 47 unterhaltsam und kurzweilig geraten ist, wirkt die künstlich überhöhte Story stets deplatziert. Das chaotische Niveau der 2007er Umsetzung wird dabei glücklicherweise nicht erreicht, besonders ein wirrer Sci-Fi-Nebenplot fällt im Film jedoch trotzdem äußerst negativ auf. Zusätzlich erscheint die Rolle des populärsten Darstellers des Casts, Zachary Quinto, dadurch unwahrscheinlich albern. Fans der Computerspielreihe dürften mit Hitman: Agent 47 auch ihre Schwierigkeiten bekommen. Trotz aller Brutalität machte das präzise und vor allen leise Taktieren den Reiz der animierten Vorbilder aus. In Hitman – Jeder stirbt allein wurden solche Stealth-Momente auch noch unterhaltsam umgesetzt, im vorliegenden Film fehlen sie ganz. Hitman-Klassiker, wie die tödliche Klaviersaite, werden krampfhaft in hektischen und lauten Actionsequenzen präsentiert ohne ein wohliges Gefühl bei Gamern zu erzeugen.Generell ist die Action im Film von minderer Qualität. Neben dem auffallend schwachen Schnitt, ist die CGI- und Special-Effects-Arbeit mitunter beschämend. Auch ein Film mit moderatem Budget kann heutzutage optisch ansprechend gestaltet werden. Hitman: Agent 47 erfüllt hingegen genau die Befürchtungen hinsichtlich technischer Umsetzung, die nach Veröffentlichung des ersten Trailers laut wurden. Zu den gelungeneren Aspekten des Streifens zählt sicherlich die Arbeit der Schauspieler. Rupert Friend kann als emotionsloser Killer wenig falsch machen und gibt seinen titelgebenden Agent 47 mit ordentlicher physischer Präsenz, Hannah Ware (Shame, Oldboy) kann zumindest teilweise gegen ihre schlecht gescriptete Rolle anspielen. Zu guter Letzt bietet Hitman: Agent 47 noch ein wenig ungewollten Humor. In der letzten Viertelstunde des Films arbeitet das Drehbuch unübersehbar auf eine Fortsetzung hin. Der Zuschauer weiß hingegen nach 85 spektakulären, aber unnützen Minuten längst, dass diese wohl nicht das Licht der Welt erblicken wird.

4/10

Für Fans von: Hitman – Jeder stirbt allein, The Transporter

Die gefährlichste Band der Welt



Straight outta Compton

Der Aufschrei, der im Sommer 1988 durch die amerikanische Öffentlichkeit ging, ist heute kaum noch nachzuvollziehen. Fünf schwarze Jungs aus Compton, einem heruntergekommenen Vorort des Millionenmolochs L.A. sorgten mit ihrem Album Straight outta Compton für reichlich Furore. Das Hip-Hop-Kollektiv N.W.A. (Niggaz wit' Attitudes) setzte auf Texte, die schonungslos den brutalen Alltag der afroamerikanischen Jugendlichen zwischen Drogendeals und willkürlicher Polizeigewalt aufzeigen. Was folgte, waren Zensur und Verfolgung, aber auch Ruhm und Karrieren, die die Popmusik bis heute beeinflussten. Straight outta Compton bebildert nun den Weg von Dr. Dre, Eazy-E, Ice Cube, MC Ren und DJ Yella zwischen 1987 und Mitte der neunziger Jahre. Über die gesamte Laufzeit von 147 Minuten nutzt Straight outta Copmton tagesaktuelles Geschehen der entsprechenden Handlungszeit, um die Story zu datieren. Bevorzugt laufen im Hintergrund Fernsehbeiträge über Rassenunruhen, die Protagonisten werden dazu selbst oft unschuldige Opfer der Staatsmacht. In Zeiten schwerer Ausschreitungen in Ferguson und beinahe täglicher Meldungen über den Konflikt zwischen weißen Polizisten und schwarzen Jugendlichen auf den Straßen der USA, trifft diese Art der Inszenierung natürlich den Zeitgeist, birgt aber auch einige Probleme. Denn mit den realen Ice Cube und Dr. Dre als Produzenten des Films lässt Straight outta Copmton seine drei Hauptfiguren in übertrieben glanzvollem Licht erscheinen. Besonders Dr. Dres gestörtes Verhältnis zu Frauen wird nicht thematisiert. Über Jahre berichteten Geliebte, Freundinnen, sogar die Mutter eines seiner Kinder über regelmäßigen Missbrauch im Hause Andre Young (so Dres bürgerlicher Name). Dazu beklagte sich MC Ren vor Veröffentlichung des Films massiv über seine Darstellung im Streifen, denn Ren und DJ Yella stellten zwar offiziell gleichberechtigte Mitglieder von N.W.A. dar, werden aber im Film zu besseren Statisten degradiert. Dazu möchte die im Film vermittelte Haltung der Rapper zur Flucht aus Gewalt und Hoffnungslosigkeit durch die Musik einfach nicht zu deren jetzigem Bild passen. So brachte Dr. Dre publikumswirksam zwei Wochen vor Kinostart sein erstes Album seit nunmehr 16 Jahren auf den Markt, dazu nennt er sich inzwischen erster Musik-Milliardär der Welt. Abgesehen von all diesen historischen Ungenauigkeiten ist Straight outta Compton ein verdammt gelungener Film geworden. Die enorme Laufzeit wirkt dank großartiger darstellerischer Leistungen (unter anderem von Ice Cubes echtem Sohn O'Shea Jackson Jr.) und eines sehr dynamischen Looks überraschend kurzweilig. Dazu treten mit Snoop Dogg und Tupac Shakur weiter Ikonen der Szene auf, selbst der gewalttätige Suge Knight (der inzwischen im Gefängnis auf eine Anklage wegen Mordes im Zuge der Dreharbeiten(!!!) zu Straight outta Compton wartet) wird zum Thema gemacht. Somit bleibt Fans von N.W.A. ein handwerklich toller Film mit erstaunlicher aktueller Brisanz, der sogar über Paul Giamattis dritte Besetzung für einen hinterhältigen Musikmanager binnen drei Jahren hinwegsehen lässt.

7/10

Für Fans von: 8 Mile, Boogie Nights

Donnerstag, 20. August 2015

Eichhörnchen für die Nüsse



Broadway Therapy

Einmal mehr wollte Kultregisseur Peter Bogdanovic zu Beginn des Jahrtausends eine klassische Screwballkomödie im Stile des Old Hollywood der 30er und 40er Jahre drehen. Vor 12 Jahren, ein Drehbuch war schon geschrieben worden, verstarb der geplante Hauptdarsteller John Ritter (Scrubs, Meine wilden Töchter) jedoch unerwartet. Bogdanovich legte das Projekt auf Eis bis er für seine zum Schreien komische Hommage einen neuen Cast um Owen Wilson versammeln konnte, mit dem er Broadway Therapy nun ins Kino bringt. Dieser verkörpert den Theaterregisseur Arnold, der dem naiven Escort-Girl Izzy durch eine großzügige Gabe einen Neustart als Schauspielerin ermöglichen möchte. Um dieses ungleiche Gespann entwickelt sich in den folgenden 93 Minuten ein wahres Fest an absurden Ereignissen und zufälligen Wendungen mit großen Staraufgebot. Vor allem Imogen Poots (die schon aus der recht durchschnittlichen Nick Hornby-Verfilmung A long way down hervorstach) hat als Izzy von der ersten Minute an die Sympathien des Publikums auf ihrer Seite. An ihrer Stelle geben sich unter anderem Will Forte und Kathryn Hahn die Ehre. Für großartige Szenen sorgen auch die komplett gegen den Strich besetzten Jennifer Aniston als cholerische Psychotherapeutin und Rhys Ifans als charmanter Frauenheld. Komplettiert wird die beeindruckende Darstellerriege durch Gastauftritte von Tatum O'Neal, die nach wie vor die jüngste, reguläre Oscargewinnerin aller Zeiten ist, sowie Boardwalk Empire-Star Michael Shannon. Viele Konflikte und Eskapaden in Broadway Therapy entstehen höchst zufällig. Dies kann auf der einen Seite als unglaubwürdig angesehen werden, folgt jedoch den klassischen Hollywoodregeln, denen Bogdanovich hier huldigen möchte. Mit einem konstant hohen Tempo und großartigen Dialogschlachten zitiert sich She's funny that way (so der Originaltitel des Films) durch die Werke von Billy Wilder und Ernst Lubitzsch, aus dessen Oeuvre auch die Überschrift dieser Kritik stammt. Dazu erheitert Bogdanovich sein Publikum durch Bezüge und Gesprächsfetzen, die aus Casablanca und Frühstück bei Tiffanys (hier sei explizit auf den Score hingewiesen) übernommen wurden und eröffnet dabei eine Metaebene, in der er seine Figuren über diese Filme sprechen lässt. Auch wenn Broadway Therapy seine Konflikte bereits in der ersten Filmhälfte größtenteils offenbart, bieten irrwitzige Wendungen und Verwicklungen gute Unterhaltung bis zum großen Schlusskalauer inklusive eines unerwarteten Gastauftritts. Ohne aufgesetzten Tiefgang wurde Broadway Therapy letzten Endes zu dem Film, den Bogdanovich auch drehen wollte. Eine federleichte Komödie, die in dieser einfachen Form und völlig frei von Sarkasmus zu selten auf die Leinwand gebracht wird.

8/10

Für Fans von: Crazy, Stupid, Love, Is' was, Doc?

Existentialismus mit Flammenwerfer



Self/Less – Der Fremde in mir

Schlimmen Krankheiten aus dem Weg gehen, begangenes Unrecht ausbügeln, eine zweite Chance bekommen, kurz gesagt, das eigene Leben beliebig verlängern – ein Traum, so alt, wie die Menschheit selbst. Seit jeher sind Gedankenspiele dieser Art auch Ausgangspunkt für spannende und innovative Science-Fiction-Filme. Ein solcher möchte auch der neue Streifen des Spieglein Spieglein-Regisseurs Tarsem Singh sein. Doch Self/Less scheitert größtenteils. Inhaltlich folgen wir dem Milliardär Damian Hale, der mittels der Geheimtechnologie des 'Shredding' seine tödlich verlaufende Krebserkrankung hinter sich lässt und ein neues Leben im Körper eines Mittdreißigers beginnt. Über die komplette Lauflänge von 117 Minuten kann der Film dem Zuschauer seine Intention nicht adäquat vermitteln. Die Prämisse des Films kann sowohl in einem reißerischem Unterhaltungsfilm, als auch in einem philosophisch angehauchten Sci-Fi-Drama münden. Beide Vorgehensweisen könnten einen spannenden Film hervorbringen. Self/Less pendelt jedoch zwischen tiefgründiger und actionlastiger Kost und bekommt die Fragmente des Films nie unter einen Hut. In dieses Genre-Wirrwarr flechtet Singh nach einer guten Stunde schließlich noch eine völlig deplatzierte Jason Bourne-Episode. Der Zuschauer hat jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschaltet. Enorm ärgerlich ist zusätzlich, welch geringes Verständnis eines guten Drehbuchs Self/Less beim Zuschauer vermutet. Große Überraschungen lassen sich schon viele Szenen zuvor erahnen, einzelne Sequenzen und Details werden nur präsentiert, um einen scheinbaren Twist zu generieren. Self/Less kann in diesem Zusammenhang auch nicht als guter Trash, oder Guilty Pleasure funktionieren, da Singhs Herangehensweise von absoluter Ernsthaftigkeit geprägt ist. Gestandene Schauspielgrößen, wie Oscarpreisträger Sir Ben Kingsley, oder Hauptdarsteller Ryan Reynolds (der bereits seinen dritten Film dieses Jahres in die deutschen Kinos bringt), machen ihre Sache wirklich gut, sind aber kolossal verschenkt. Besonders Under the Dome- Darstellerin Natalie Martinez darf in der weiblichen Hauptrolle lediglich Angst haben, schreien und weglaufen. Zugegeben bleibt Self/Less verhältnismäßig unterhaltsam, vor allem die Actionsequenzen sind ordentlich gefilmt, knackig gehalten und von gesunder Härte. Den miserablen Plot können aber weder einige spektakuläre Schießereien, noch ein ansehnlicher Cast ausbügeln.

4/10


Für Fans von: Looper, Source Code

Freitag, 14. August 2015

Monogamie ist unrealistisch



Dating Queen

In der Berichterstattung über Dating Queen, die im Vorfeld der Veröffentlichung des Films publiziert wurde, hörte man des Öfteren, Judd Apatows neue Rom-Com sei vordergründig ein Frauenfilm. Durch seine Protagonistin und deren Lebenswandel soll ein Gegenentwurf zum vorherrschenden männlichen Machotypus geschaffen werden, der in sonstigen Filmen dieser Art gern den Glauben an die eine Liebe erlangt. Dieser These möchte ich gern widersprechen. Denn Dating Queen enthält sich jeglicher genderspezifischen Wertung. Das einzige, stets aufkommende Element dieses Streifens, das Geschlechterunterschiede thematisiert – die Arbeit der Hauptfigur in einem Männermagazin – fällt als reine Ironie aus dieser Betrachtung. Amy Schumers Drehbuchdebüt behandelt schlicht Menschen und deren Eigenarten. Was Dating Queen jedoch wahrlich ist, ist ein Amerikanischer Film. Dem europäischen Publikum wird es teilweise nicht einfach gemacht. Einen beachtlichen Teil des Humors zieht Dating Queen aus einer Art erweitertem Meta-Humor. Reale und gescriptete Figuren arbeiten praktisch gleichberechtigt nebeneinander. Eine bedeutende Rolle nimmt die New Yorker Sportszene ein, Cameoauftritte und Nebenfiguren werden dann auch von berühmten amerikanischen Sportlern absolviert, bzw. verkörpert, selbst der Cast an sich besteht hauptsächlich aus Schauspielern, die den Sprung zum globalen Star noch vor sich haben. Witzig dabei: Das international bekannteste Gesicht im Ensemble, Oscargewinnerin Tilda Swinton, ist in ihrer Rolle nicht einmal im Ansatz zu erkennen. Und dennoch schafft es Dating Queen einen jeden Kinofan zu begeistern. Der beeindruckendste und zugleich wichtigste Grund dafür ist die enorme Gagdichte. Dass dies in einer Komödie nicht selbstverständlich ist, wird im Kino beinahe wöchentlich deutlich, doch den Zuschauer erwartet hier eine zweistündige Zwerchfellattacke. Der Humor hat dabei eine erstaunliche Bandbreite, macht sich über jeden und alles gleichermaßen lustig (auf political correctness wird glücklicherweise verzichtet, nicht umsonst erhielt der Film in den USA ein R-Rating) und umschifft dabei noch jegliche beleidigende Fäkal-Witze. Typisch für Judd Apatows Filme (bspw. Beim ersten Mal, Brautalarm), und somit auch in Dating Queen zu finden, ist eine zusätzliche Fokussierung auf einen dramatischen Nebenplot, der auch hier bestens funktioniert. Die schauspielerischen Leistungen sind für eine romantische Komödie generell erstaunlich gut, doch können Amy Schumer, Bill Hader und co. in diesem Teil des Films besonders auftrumpfen. Trotz des tollen Eindrucks, den Dating Queen bei mir hinterlassen hat, sei erwähnt, dass der Streifen im letzten Viertel an Qualität einbüßt. Der Storyverlauf wird doch arg vorhersehbar, die Stimmung kippt leider von erwachsen-offensiv in klischeehaft-kitschig und besonders gegen Ende wird deutlich, dass 130 Minuten für eine Rom-Com etwas lang sind. Trotz dessen bleibt Dating Queen eine der lustigsten und in ihrer Kernaussage fortschrittlichsten Filme dieses Jahres. Und über den miserablen deutschen Verleihtitel (das englische Original, Trainwreck, ist schlicht passend und keine süßliche Anbiederung, die der Intention des Films entgegenwirkt), muss ein jeder einfach hinwegsehen können.

8/10

Für Fans von: Crazy, Stupid, Love, Beim ersten Mal

Donnerstag, 13. August 2015

Vier gegen den Rest der Welt


Fantastic Four

Es versprach ein großartiger Marvel-Film mit Tiefgang und Witz, großartiger Action und doch ausgereiften Figuren zu werden. Josh Trank, Regisseur des gefeierten Chronicle, einem Superheldenstreifen, in dem die Protagonisten an ihren Fähigkeiten verzweifeln, sollte eine der erfolgreichsten und beliebtesten Comicvorlagen aus Marvels ruhmreicher Geschichte verfilmen. Dazu wussten die Verantwortlichen nach den gescheiterten Fantastic Four-Filmen aus 2005 und 2007, was unbedingt vermieden werden sollte, um die Fans bei der Stange zu halten. Als die Hauptrollen zudem noch mit vier der angesagtesten Jungstars Hollywood besetzt wurden, schien alles auf ein großes Spektakel hinauszulaufen. Doch noch vor der Premiere hatte Fantastic Four sämtliche Credits verspielt. Budgetkürzungen, zeit- und kostenintensive Nachdrehs, drei ersetzte Drehbuchautoren, dazu der öffentlich Streit zwischen Josh Trank und 20th Century Fox, der in einem Twitterkleinkrieg endete, schlugen sich letzten Endes nicht nur auf die öffentliche Wahrnehmung, sondern auch auf den Film an sich nieder. Ungebremst kann der Zuschauer somit miterleben, wie eine 130 Million Dollar teure Produktion in 100 Minuten den Bach runter geht. An zwei Elementen im Film ist dies besonders auszumachen. Zum einen strotzt das Drehbuch vor uninspirierten Entwicklungen und leidet unter schlechter Figurenzeichnung. Beispielsweise hat der ursprüngliche Charakter der Menschlichen Fackel, Johnny Storm, im Film keine einzige erkennbare Aufgabe. Das Talent eines Michael B. Jordan ist hier komplett verschenkt. Dazu werden relevante Themen der Geschichte, wie die Militarisierung der Kräfte der Fatastic Four, kurz angerissen und nie zu einem vernünftigen Ende gebracht. Doch statt eines spektakulären Finales, das wenigstens ansprechendes Augenfutter bereithält, erreicht Fantastic Four im letzten Viertel seinen absoluten Tiefpunkt. Schon während des gesamten Films, und dies ist der zweite enorme Schwachpunkt, beleidigen die Special Effects einen jeden Kinogänger. Man wähnt sich in einer Star Trek-Episode der frühen achtziger Jahre, jedoch nicht in einer großem Comicverfilmung von 2015. Das große Finale, in dem die Fatastic Four ihren Erzfeind Dr. Doom bekämpfen (der sich im Film zu allem Überfluss nur 'Doom' nennt), ist dann jedoch das am lieblosesten heruntergerissene Stück Action, das seit langem über die große Leinwand lief. Jeglicher Trashfaktor ist dabei komplett obsolet, denn der Film will uns seine Story als ausgereift und seine Figuren als ernsthafte Wissenschaftler präsentieren. Dies schließt auch den fehlenden Humor des Streifens ein. Nicht eine einzige zündende Pointe konnte ich in Fantastic Four zählen. Wenn dann nach schwer erträglichen eineinhalb Stunden, die vier Superhelden endlich eine Einheit werden, wähnt man sich am Ende der schier endlosen Exposition. Der Film ist dann allerdings vorbei. Auch die Hoffnung auf einen vernünftigen zweiten Teil verflüchtigen sich. Nach den international miserablen Kritiken und schlechten amerikanischen Einspielergebnissen besetzte Marvel den Starttermin für Fantastic Four 2 neu. Wer also einen Film sehen möchte, an den nicht einmal seine eigenen Macher glauben (Hauptdarsteller Miles Teller und Regisseur Trank rechneten schon vorab mit schlechten Bewertungen, dazu spendierte Marvel dem langweiligen Machwerk weder einen Stan Lee-Cameo, noch eine Post-Credit-Scene), der ist in Fantastic Four bestens aufgehoben.

2/10



Freitag, 7. August 2015

Extreme Zeiten, extreme Maßnahmen



Mission: Impossible – Rogue Nation

Nach der genialen vierten Auflage des Mission: Impossible-Franchises waren die Erwartungen an dessen Nachfolger natürlich enorm. Nachdem Brad Bird in Phantom Protokoll die beliebte, aber etwas ungelenke Filmreihe in den Olymp der Actionfilme hievte und die reinen Ethan Hunt-Festspiele zu Gunsten enormer Spannung und nützlichem Teamwork zurückfuhr, war es nun an Oscargewinner (Drehbuch für Die üblichen Verdächtigen) und Jack Reacher-Regisseur Christopher McQuarrie all das weiterzuentwickeln, was Mission: Impossible 4 zum absoluten Fan- und Kritikerliebling machte. Und erfreulicherweise ist dieses Unterfangen gänzlich geglückt. Mission: Impossible – Rogue Nation macht so ziemlich alles richtig, was einen klassischen Actionfilm charakterisiert. Es gibt im Film eine Vielzahl memorabler Szenen und Storylines, die natürlich komplett abgehoben und nicht nachvollziehbar sind, den Film aber nie untergraben, da dieser seine innere Logik streng beibehält und dabei noch unverschämt gut unterhält. Seit dem ersten Film der Reihe aus dem Jahre 1996 hat dazu kein weiterer Mission: Impossible-Aufguss den Spionagefaktor der Ur-Serie Kobra, übernehmen Sie aus den 60er Jahren so gut integriert. In Rogue Nation versuchen sich gleich drei Geheimdienste gegenseitig an die Wand zu spielen, ohne dass die titelgebende Untergrundorganisation überhaupt eingreifen muss. Dazu bietet uns der Streifen das obligatorische, doppelbödige Spiel mit Unterwanderungen, Masken und gefälschten Identitäten. Mitten in all diesem Chaos ist es die weibliche Hauptrolle, Rebecca Fergusons Ilsa Faust, die zwischen allen Fronten steht und durch tolle Charakterzeichnung und ein intensives Schauspiel der eigentli che Star des Films ist. Tom Cruise hält sich wie schon im direkten Vorgänger angenehm zurück, darf aber natürlich weiterhin der Held der Stunde sein. Einmal mehr überzeugt besonders seine Stuntarbeit (auf die schon vor der Premiere weltberühmt gewordene Flugzeugkletterei sei an dieser Stelle nicht weiter eingegangen). Die beste Szene des Films war dann meiner Meinung nach jedoch eine wesentlich Stillere. Im zweiten Viertel des Films versuchen Ethan Hunt und Simon Peggs Benji Dunn (der sich in Rogue Nation endgültig vom Sidekick-Dasein verabschiedet und tragender Teil der Handlung wird), in der Wiener Staatsoper ein Attentat auf den österreichischen Bundeskanzler zu vereiteln. Diese 20minütige Sequenz ist voll nervenzerfetzender Spannung, dazu meisterlich choreografiert und brilliant gefilmt und geschnitten. Allein für diese Hitchcock-Referenz (vgl. Albert Hall-Szene in Der Mann, der zuviel wusste) lohnt sich der Kauf der Kinokarte. Und ganz nebenbei werden die beiden Ungereimtheiten aus Mission: Impossible Phantom Protokoll noch ausgebügelt. Zum einen wird die Aufmerksamkeit des Publikums in den 131 Minuten Laufzeit ständig hochgehalten, zum anderen bekommen wir mit dem diabolischen Solomon Lane (gespielt von Prometheus-Darsteller Sean Harris) endlich wieder einen wirklich beängstigenden Gegenspieler für die IMF. Mission: Impossible ist ein absolutes Muss für jeden Actionfan und DER Blockbuster dieses Sommers.

9/10


Für Fans von: Mission: Impossible-Franchise, James Bond 007 – Skyfall, Fast & Furious 7

Donnerstag, 6. August 2015

Das Mädchen von nebenan







Margos Spuren

Mit Das Schicksal ist ein mieser Verräter basierte einer der Überraschungshits des vergangenen Jahres auf einem Roman von Jugendbuchautor John Green. Die Filmvorlage des vielfach ausgezeichneten Amerikaners rührte viele Millionen Leser zu Tränen und wurde durch Josh Boones Adaption für die große Leinwand ein globales Phänomen, das Fans und Kritiker gleichsam überzeugte. Den Gesetzen der Traumfabrik folgend, wurde nun ein weiteres Buch Greens verfilmt. Die Wahl viel auf Margos Spuren von 2008. Der Hype um Das Schicksal ist ein mieser Verräter wurde zu PR-Zwecken weitestgehend ausgeschlachtet, doch glücklicherweise drehten die Filmemacher um Regisseur Jake Schreier (der 2012 mit seinem ersten abendfüllenden Spielfilm Robot & Frank auf sich aufmerksam machte) keinen weiteren kitschig-dramatischen Tränendrücker. Stattdessen überzeugt Margos Spuren trotz mancher Ungereimtheiten als unterhaltsamer Coming-of-Age-Film. Auf Supermodel und Schauspielerin Cara Delevingne lag im Vorfeld der Veröffentlichung jegliche Aufmerksamkeit. Doch auch wenn sie die Geschichte als titelgebende Margo ins Rollen bringt (der Originaltitel von Buch und Film ist im Übrigen Paper Towns), so kommt Delevingne nicht über eine erweiterte Nebenrolle hinaus. Der Fokus des Streifens liegt ganz klar auf Quentin, genannt Q, und seinen Highschoolfreunden. Nat Wolff, der in Das Schicksal ist ein mieser Verräter schon Teil des Casts war, ist in seiner äußerst gelungen Verkörperung des jungen Erwachsenen dann auch nicht im Geringsten auf eine zweite Hauptrolle angewiesen. Sein Q ist absoluter Symphathieträger und Identifikationsfigur für das Publikum. Tatsächlich ist die Figur der Margo dann auch der größte Schwachpunkt des Films. Trotz einer runden darstellerischen Leistung von Cara Delevingne wurden ihr besonders im letzten Drittel des Films unnötige pseudophilosophische Dialogzeilen über den Sinn des Lebens und die Ziellosigkeit des modernen Daseins in den Mund gelegt. Hier wäre Margos Spuren besser bei seinem Porträt unentschlossener Teenager geblieben, die mit zwischenmenschlichen Problemen und Zukunftsängsten umzugehen haben. Denn als warmherziger und teilweise unverschämt witziger Teeniefilm funktioniert die Tragigkomödie prächtig. Dies ist zu einem Großteil den lebensnahen Charakteren und zündenden Running Gags zu verdanken. Margos Spuren entwickelt sich in seinen 109 Minuten Laufzeit vom Abenteuerfilm zur Highschoolkomödie und zum klassischen Roadmovie. Die einzelnen Parts des Streifens mäandern dann auch recht schubladenartig nebeneinander her. Erfreulicherweise kann die damit einhergehende etwas oberflächliche Story doch mit einer ordentlichen Portion Spannung aufwarten. Dazu ist Margos Spuren wirklich schön eingefangen. Die Digitalaufnahmen des nächtlichen Orlandos erinnern in ihren besten Momenten gar an Michael Mann. Trotz des großen Aufsehens um Cara Delevingne und John Green steht uns mit Margos Spuren kein zweites Das Schicksal ist ein mieser Verräter ins Haus. Und das ist auch gut so.

7/10

Für Fans von: Das Schicksal ist ein mieser Verräter, Für immer Adaline, (500) Days of Summer

Mittwoch, 5. August 2015

Hannibal Lecter auf der Toilette



Es ist kompliziert

Romantische Komödien versuchen oftmals stärker als Filme andere Genres einen großen Profit aus ihren Hauptdarstellern zu schlagen. Gewohnte Gesichter garantieren im Idealfall einen großen Erfolg am Box-Office, da die Zuschauer bekannte Schauspieler aus anderen Rom-Coms mit großer Liebe und Happy Ends assoziieren. Um so erfrischender ist es nun mit Es ist kompliziert eine im Kern klassische Boy-meets-Girl-Story zu sehen, die mit einer überraschenden Besetzung und jeder Menge eigenen Ideen überzeugt. Erzählt wird die Geschichte eines von Grund auf misslungenen Dates. In der weiblichen Hauptrolle darf dabei Newcomerin Lake Bell brillieren. Trotz einiger Rollen in international gelaufenen Serien, ließ ihr Durchbruch auf sich warten. Bells Performance in Es ist kompliziert sollte daran doch einiges ändern. Ihre Nancy ist der Fixpunkt des Films, die Zuschauer tauchen tief in die Gefühle und Unzulänglichkeiten ihres Charakters ein, und doch schafft es Bell ihre Figur nie übertrieben verschroben oder gar kitschig erscheinen zu lassen. Überhaupt ist Es ist kompliziert komplett frei von jeglichem Kitsch. Vielmehr setzt Sex on the Beach- Regisseur Ben Palmer auf tolle Dialoge und erwachsenen Humor. An Bells Seite leistet übrigens Sidekick-Spezialist Simon Pegg (Cornetto-Trilogie, Mission: Impossible 3-5) ebenfalls großartige Arbeit. Die Rolle des durchgedrehten Nebencharakters fällt hier dann Rory Kinnear zu, den man im Vergleich zu seiner bekanntesten Rolle aus den aktuellen James Bond-Filmen kaum wieder erkennt. In seine erfreulich kurze Laufzeit von nur 88 Minuten packt Es ist kompliziert jede Menge authentische Szenen aus dem Londoner Nachtleben. Gemeinsam mit der Beschränkung der Handlung auf einen einzigen Tag wirkt der Film äußerst bodenständig. Große Schwächen an diesem unterhaltsamen Streifen zu finden, fällt mir schwer. Eine ausgesprochene Stärke von Es ist kompliziert ist hingegen, dass Gags nie unappetitlich sind oder überreizt werden. Der Humor ist zwar typisch britisch, und damit zum Teil deftig, aber stets charmant und nie beleidigend. Wer einen rundum gelungenen und gediegenen Film voller Lebensfreude sucht, ist mit Es ist kompliziert bestens aufgehoben.

7/10

Für Fans von: Notting Hill, Tatsächlich... Liebe