Samstag, 26. März 2016

Schön gegen Blöd


Batman v Superman: Dawn of Justice

Großes hat man sich im Hause DC vorgenommen. Ein filmisches Universum so erfolgreich wie Marvels MCU soll rund um die Justice League etabliert werden. Mit Man of Steel wurde der wohl berühmteste der DC-Helden, Superman, zu diesem Zwecke cineastisch aufbereitet, The Flash bekam eine erfolgreiche TV-Serie. Bevor die Einzelabenteuer von Batman, Aquaman, Wonder Woman und co. in den nächsten Jahren zu Marvels großen Konkurrenten heranreifen sollen, drehte Man of Steel-Regisseur Zack Snyder nun den zweiten Teil der großen DC-Superhelden-Trilogie, die 2017 bzw. 2019 mit dem geteilten Finale Justice League 1 und 2 vollendet wird. Doch nach beschwerlichen 151 Minuten Batman v Superman: Dawn of Justice steht fest: An Iron Man und Captain America kommen die DC-Helden, zumindest in ihrer Kinoauswertung, derzeit nicht heran - der Film ist eine ziemliche Enttäuschung geworden. Batman v Superman schließt direkt an die Ereignisse in Man of Steel an. Batman/Bruce Wayne ist in Gotham erbost über die Zerstörung, die mit der Offenlegung der Fähigkeiten Supermans/Clark Kent in der direkten Nachbarstadt Metropolis einhergeht. Der in den Medien bereits hartnäckig geführte Kampf um den tatsächlichen Gewinn für die Menschheit durch Supermans kryptonische Fähigkeiten treibt so einen unüberwindlichen Keil zwischen den Mann aus Stahl und den Gerechtigkeitsfanatiker im Fledermauskostüm. Was eine stringente und fesselnde Geschichte um den Einfluss und die Notwendigkeit von Superhelden hätte werden können, wird in Batman v Superman durch ein völlig überfrachtetes Drehbuch bereits im Kein erstickt. Die üppige (aber, und das sei dem Film hoch angerechnet, niemals langweilige) Spielzeit hetzt in irrsinnigem Tempo zwischen Figuren, Schauplätzen und losen Nebenhandlungen hin und her. Der titelgebende Kampf zwischen den ikonischen Rettern verfehlt dann seine Wirkung auch vollends. Zumal dieser effektiv nur wenige Minuten Screentime einnimmt. Stattdessen werden häppchenweise Nebencharaktere und Subplots eingeführt, die den unvorbereiteten Zuschauer irritieren und gerne nur in einminütigen Szenen präsentiert werden. Generell richtet sich Batman v Superman ausdrücklich an alle, die Man of Steel sahen und idealerweise auch mit den thematisch passenden Comics vertraut sind. Auch in puncto Figurenzeichnung offenbart der Streifen deutliche Schwächen. Lois Lane war in Man of Steel noch essentiell für das Fortkommen des Plots, hier wird sie eher als klassische Damsel in Distress charakterisiert, die viel Zeit mit Gerettet werden verbringt. Dazu hilft die neu eingeführte Senatorin June Finch (Holly Hunter) der Geschichte nicht wirklich voran, da sie, ähnlich wie der Zuschauer, um Durchsicht in der überladenen Geschichte kämpft. Batman selbst bleibt von dieser Problematik auch nicht verschont. So bekommt er einige schwülstig- aufgeladene Origin-Plotpoints spendiert, welche aber nicht zu seiner charakterlichen Tiefe beitragen. Diese bildet sich in diesem Film aus der Abneigung gegen die Taten Supermans und nicht aus Batmans schwieriger Kindheit. Zu alledem ist ein Solo-Batman-Film bereits von DC angekündigt worden. Dies bringt mich zum definitiv besten Teil des 250 Millionen Dollar-Projekts: dem Cast. Ben Aflleck ist als Batman schlicht eine Idealbesetzung. Seine Reputation muss natürlich noch gedeihen, was pure Physis und Überzeugungskraft als Figur angeht, sollte er aber sowohl Michael Keaton als auch Christian Bale-Fans sehr zufrieden stellen. Henry Cavill kann als Superman stärker überzeugen, als noch in seinem Solo- Abenteuer Man of Steel, da seine dramatische und etwas unpassende weiche Seite nicht so extrem ausgelotet wird. Die Meinungen über die Performance von Jesse Eisenberg als Lex Luthor werden hingegen auseinandergehen. Hingabe wird dem New Yorker zumindest niemand abschlagen wollen, die Liste mit memorablen DC-Schurken ist allerdings auch ziemlich lang. Positiv überrascht war ich außerdem von Gal Gadot als Wonder Woman/Diana Prince, die reihenweise Szenen stiehlt und den scheinbar übermächtigen Herren eine beeindruckende Kameradin sein wird. Dazu wiederholen Laurece Fishburne, Kevin Costner und Diane Lane ihre Rollen aus Man of Steel, während Jeremy Irons erstmals in die Rolle von Batmans treuem Helfer Alfred schlüpft, der konsequent gegen den Strich gescriptet wurde und so für die wenigen humoristischen Momente in diesem bemüht düsteren Film sorgt. Optisch bleibt Zack Snyder seinem Stil treu und sorgt mit ausufernden Actionsequenzen und vielen Verneigungen vor der Comicvorlage für reichlich Augenfutter. Abschließend möchte ich noch ein Wort über die heißerwartete musikalische Zusammenarbeit von Hans Zimmer und Junkie XL verlieren. Zwei der beliebtesten Filmkomponisten unserer Zeit schufen hier einen Soundtrack der bestens zum überladenen Superhelden-Clash passt. Die sakralen Chor- und Orchesterwerke Zimmers und die stampfenden Industrial-Beats des niederländischen Multiinstrumentalisten wollen sich nicht so recht ergänzen, sondern vervollständigen in ihrem akustischen Overkill den auf höchstem Niveau scheiternden Batman v Superman: Dawn of Justice. 

5/10

Für Fans von: Man of Steel, The Dark Knight Rises

Der Geist der Freiheit


Mustang

Mustang ging in diesem Jahr als französischer Beitrag für den besten nicht englischsprachigen Film bei der Oscarverleihung an den Start. Über eine Nominierung kam das Drama zwar nicht hinaus, doch internationale Aufmerksamkeit war dem in türkischer Sprache und mit fast ausschließlich türkischen Akteuren gedrehten Film gewiss. Mustang ist das Regiedebut von Deniz Gamse Ergüven, die sowohl die französische als auch die türkische Staatsbürgerschaft innehat. Sie siedelt ihren ersten Langfilm in einem abgelegenen Dorf am Schwarzen Meer an. Fünf Schwestern im Teenageralter werden zusehends von patriarchalen Gepflogenheiten und rückständigen Gesellschaftsbildern drangsaliert. Als durch üble Nachrede das Ansehen der Familie der Schwestern im Dorf infrage gestellt wird, beginnt der erziehungsberechtigte Onkel der Kinder (ihre Eltern starben vor einiger Zeit) jegliche Freiheit der eigentlich unabhängigen und offenen Jugendlichen einzuschränken. Die aufgezwungene Umerziehung der Mädchen zu unterwürfigen Frauen ohne Recht auf einen eigenen Willen, Rechte über den eigenen Körper oder nur das Recht auf Schulbildung stellt mit dem Hintergrund des Freiheitsdranges der Schwestern den zentralen Konflikt des Filmes dar. Ergüven findet dafür besonders auf der optischen Ebene tolle Entsprechungen. Die triste Ausstattung und die biederen Kostüme stehen in krassem Gegensatz zu der teils schwebenden Kamera, den sonnendurchfluteten Bildern und den trotz äußerlicher und innerer Enge hauptsächlich optimistisch und kämpferisch dargestellten Mädchen. Die 93 Minuten Laufzeit bieten so trotz der teils erdrückenden Schwere der Thematik und deren absolut beklemmend-realistischen Inszenierung immer wieder Momente von betörender Schönheit. Hoffnung und unbändiger Wille durchziehen Mustang trotz bitterer Entwicklungen. Emotionen verschiedenster Prägung kommen so beim Kinobesuch zutage. Das Casting des Streifens lässt dabei keine Wünsche übrig. Als faktische Hauptdarstellerin leitet die Lale, die jüngste der Schwestern, gespielt von Güneş Nezihe Şensoy, durch das Geschehen und sorgt durch den Altersunterschied so für den reinsten Blick auf die Geschichte. Dazu kann man das brutale Familienoberhaupt Erol von ganzem Herzen hassen, was für die schauspielerische Leistung von Ayberk Pekcan spricht. So arbeitet sich Mustang gekonnt an den schwierigen gesellschaftlichen Themen der modernen Türkei ab, hinterfragt dabei Werte, prangert mittelalterliche Rollenbilder an und versucht somit letzten Endes den kulturellen Fortbestand solcher archaischer Systeme in der globalisierten Welt einzudämmen. Nicht jeder Filmfreund wird sich auf einen derartigen Streifen voll und ganz einlassen wollen. Wer dies allerdings tut, wird mit einem inhaltlich und optisch äußerst lohnenswerten Film belohnt, der für die ungezähmte und zügellose Freiheit seines Namensgebers kämpft. 

8/10

Für Fans von: Gegen die Wand, El Club


Samstag, 19. März 2016

Ein Platz für die Ewigkeit



Raum

Raum ist nun der letzte der großen Oscarfilme 2016, der in die deutschen Kinos kommt. Die in unseren Breiten durch den Fall Natascha Kampusch allgegenwärtige Geschichte vom entführten Mädchen, seiner Flucht und der anschließenden zweifelhaften medialen Aufarbeitung des Martyriums ist jedoch nicht die Vorlage des Films von Lenny Abrahamson. Raum entstand nach dem gleichnamigen Bestseller von Emma Donoghue, die sich auch für das vielschichtige Drehbuch verantwortlich zeigt. Der Film beginnt mit der berührenden Geburtstagsfeier für den nun fünfjährigen Jack. Als Sohn der entführten Joy kennt er nur die Enge und die schlechten Lebensbedingungen des Schuppens, in dem seine Mutter seit nunmehr 7 Jahren gefangen gehalten und regelmäßig missbraucht wird. In den folgenden 118 Minuten gelingt Raum das Kunststück trotz seiner erdrückenden Thematik, die definitiv für zahlreiche Tränenausbrüche sorgen wird, ein lebensbejahender Film zu sein. Vor allem, da die Erzählperspektive oft beim kleinen Jack (phänomenal: Jacob Tremblay) liegt, bekommen zugleich die Selbstverständlichkeit, mit der er sein Gefängnis als gesamte Welt wahrnimmt und die späteren Entdeckungen des realen Lebens ein unglaubliches Gewicht. Die trotz aller Beengtheit scheinbar schwerelose Kamera und der sehr locker- atmosphärische Score unterstützen den Freiheitsdrang der jungen Mutter, den sie aber stetig vor ihrem Sohn versteckt hält. Dem eindrucksvollen Spiel von Oscargewinnerin Brie Larson ist es zu verdanken, dass dieser schmale Grat zur herzzerreißenden Geduldsprobe für den Kinobesucher wird. Die Emotionalität des Films steigert sich noch zusätzlich, da das Grauen von Raum fast ausschließlich im Kopf des Beobachters entsteht. Die kaum zu ertragende Abhängigkeit von Mutter und Sohn bestimmt auch die zweite Hälfte des Films, die sich glücklicherweise nur mit den psychologischen Auswirkungen der Entführung beschäftigt, nicht mit dem kriminalistischen Aspekt des Verbrechens. Die in (äußerlicher) Freiheit spielenden Szenen vermitteln damit ein fast noch stärkeres Gefühl der Bedrückung, als es die reine räumliche Enge vermochte. Denn Joy wird zwischen den Erfahrungen durch den Missbrauch, der Angst um ihren Sohn durch die realitätsferne Erziehung und die durch die Medien eingeimpfte Frage der Mitschuld unentwegt aufgerieben. Die Suche nach Erklärungen und Schuldigen abseits ihres Peinigers löst in ihr dann die Verzweiflung aus, die sie all die Jahre aus Liebe zu ihrem Sohn versteckt hielt. Doch Jack ist es schlussendlich auch, der ihr und den Zuschauern einen hoffnungsvollen Ausgang der Geschichte ermöglicht. Raum ist beeindruckendes Schauspielkino mit langer Nachwirkung.

9/10

Für Fans von: 3096 Tage, Prisoners, Oldboy

Damit war nicht zu rechnen



Lolo – Drei ist einer zu viel

Julie Delpy ist zweifellos eine der vielseitigsten Filmschaffenden unserer Zeit. Die Pariserin besitzt neben der französischen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft und drehte in ihrer über 30jährigen Karriere bereits mit Hochkarätern wie Jean-Luc Godard, Krzysztof Kieslowski, Mika Kaurismäki, Jim Jarmusch, Volker Schlöndorff und Richard Linklater. Seit 2002 ist Delpy auch als Regisseurin aktiv, konnte ihren ersten Langfilm Zwei Tage Paris auf dem Festival in Cannes präsentieren und wurde als Drehbuchautorin unter anderem für Before Midnight mit Preisen regelrecht überhäuft. Ihr neustes Werk Lolo siedelte sie in ihrer Pariser Heimat an und vertraute auf eine komplett französische Crew. Delpy übernimmt in dieser Komödie selbst die Hauptrolle und kann sich an ihrer Seite auf den französischen Superstar Dany Boon (Willkommen bei den Sch'tis, Der Superhypochonder) verlassen. Beide geben das frisch verliebtes Paar Violette und Jean-Renè, bestehend aus dem einfachen aber gutherzigen Informatiker und der hippen, aber neurotischen Modedesignerin, deren Beziehung sukzessive von Violettes Sohn Lolo sabotiert wird. Der Film beginnt als heitere Rom-Com mit solidem Cast, die zwar trotz einiger Ungenauigkeiten (die Modeexpertin ist nicht in der Lage ein Kleid auszusuchen) und ganzen vier sonnendurchfluteten Parallelmontagen zu witziger oder romantischer Musik in den ersten 30 Minuten durchaus gefällt. Delpy und Boon sind viel zu erfahren, um ein durchschnittliches Drehbuch nicht noch aufwerten zu können. Doch meiner Meinung nach verliert der Streifen mit Lolos zunehmender Präsenz an Format. Die Charakterisierung der Mutter-Kind-Beziehung ist äußerst einfältig gestaltet, dazu geht die Mischung aus romantischer Komödie und Ödipus- Komplex-Drama nicht auf. Lolo bleibt ein beliebiger Antagonist ohne echten Antrieb, dem gegenüber der Zuschauer nicht nur die gewollte Verachtung, sondern schlichte Ignoranz aufbringt. So werden Komödienfans besonders von der bösartigen zweiten Hälfte des Films nicht begeistert sein, Freunde anspruchsvoller Familienschicksale wird der humoristische, platte Grundton des Films abschrecken. So ist Lolo trotz eines Cameo-Auftritts von Karl Lagerfeld eher eine Enttäuschung im Oeuvre Julie Delpys, auch wenn die Schauspieler überzeugen und der Streifen das Herz definitiv am rechten Fleck hat.

5/10

Für Fans von: Der Vater meiner besten Freundin

Haltung bewahren



Der Wert des Menschen

Thierry Taugourdeau ist 51 Jahre alt. Er lebt mit seiner Frau und seinem geistig behinderten Sohn in einer Eigentumswohnung. Sein bodenständiges Leben ist jedoch zur Zeit keines mehr. Thierry ist seit fast 2 Jahren arbeitslos. Der titelgebende Wert des Menschen sinkt für ihn Tag um Tag. In seinem minimalistischen Sozialdrama schildert Regisseur Stéphane Brizé die Entbehrungen, eines ungebrauchten Mannes in den Mühlen der modernen, optimierten Arbeitswelt. Der Wert des Menschen begeht dabei nicht den Fehler einen großen Aufschrei provozieren zu wollen, oder pauschale Vorverurteilungen auszusprechen, sondern arbeitet sich langsam am Verfall des eigenen Selbstvertrauens ab. So begleiten wir Thierry beim Bewerbertraining, bei Terminen auf Ämtern und Banken und sehen, wie er langsam des Kampfes um Anerkennung müde wird. Als er schließlich einen neuen, minderwertigen Job ergattern kann, prasseln andere zermürbende Situationen auf ihn ein. Mittels einer starren Kamera und langen sowie trostlosen Einstellungen verbildlicht Der Wert des Menschen die zunehmende persönliche und soziale Wertlosigkeit des Protagonisten. Durch das Fehlen jeglicher musikalischer Untermalung (mit Ausnahme einiger Songs, die von Akteuren (an)gespielt werden) dringen Bildsprache und Schauspiel noch viel ungefilterter an das Publikum heran. Für diese stille aber präzise Leistung konnte Hauptdarsteller Vincent Lindon den Cesar und den Schauspielpreis beim Filmfestival in Cannes gewinnen. Seine realistische Verkörperung eines Mannes, der stets Unwägbarkeiten zu Schlucken hat, von dem aber selbst nur Konformität erwartet wird, legt den Charakter zusätzlich nachvollziehbar an. Der Wert des Menschen verlangt dem Zuschauer einiges ab. Der Film ist definitiv kein Feel-Good-Movie. Die halbdokumentarischen, teils sehr langwierigen Szenen werden definitiv nicht nur auf Anklang stoßen. Thematik und Umsetzung sind, obwohl jederzeit glaubwürdig, sperrig und schwer zugänglich. Erst gegen Ende der 93 Minuten Laufzeit kommt verstärkt Spannung auf, wenn die ohnehin schon triste Atmosphäre des Films noch zusätzlich bedrückender wird. Dennoch wird Der Wert des Menschen ein kleines und interessiertes Publikum mit Sicherheit für sich gewinnen werden. Wer die schlechte deutsche Synchronisation des französischen Originals ignoriert, bekommt einen ungewöhnlichen Arthousefilm zu sehen, der zeigt, dass es nicht nur Geld und Zeit sind, die den eigentlichen Wert des Menschen ausmachen. 

6/10

Für Fans von: 2 Tage, 2 Nächte

Mittwoch, 16. März 2016

Spartakus Wiedergeburt



Trumbo

In den späten 1940er Jahren begann das Komitee für unamerikanische Umtriebe (HUAC) verstärkt sein Augenmerk auf die Ausmerzung vermeintlich kommunistischen Gedankengutes in Hollywood zu konzentrieren. Berühmtester Vorsitzender des HUAC war der spätere US-Präsident Richard Nixon, während Leinwandlegende John Wayne und Nixons Nachfolger und damaliger Kollege Waynes, Ronald Reagan in dessen Dunstkreis für stramm patriotische Propaganda sorgten. Ironischerweise wurde so die „Goldene Ära Hollywoods“ in den Fünfzigern auch zu dessen geschichtlichen Schandfleck. Als Drehbuchautor Dalton Trumbo, der tatsächlich Mitglied der Kommunistischen Partei der USA war, vor dem HUAC aussagen sollte, verweigerte er jegliches Statement, wurde mit einer Gefängnisstrafe belegt, fand seinen Namen auf der berüchtigten Schwarzen Liste wieder und war berühmtestes Mitglied der legendären Hollywood Ten. Dessen Geschichte erzählt nun Komödienspezialist Jay Roach (Austin Powers, Meine Frau, ihre Eltern und ich) in einem unterhaltsamen und brilliant besetzten Bio-Pic. Der große Reiz in Trumbo ist definitiv die Wiederauferstehung einer ganzen Epoche. Dies zeigt sich nicht nur wie gewöhnlich in Ausstattung und Kostümen (die in diesem Film ebenfalls für einen authentischen Look sorgen) sondern vielmehr in der Darstellung von Hollywoods Leben an sich. Mit vielen eingeschobenen Wochenschau-Ausschnitten, die Roach teilweise übernahm, teilweise neu drehte und teilweise nur teilweise veränderte, entsteht ein fast greifbarer Realismus auf der Kinoleinwand. Dazu umgab sich Dalton Trumbo zeitlebens berufsbedingt mit internationalen Berühmtheiten, von denen viele im Film auftreten. Michael Stuhlbarg (Boardwalk Empire, A serious man) darf den klassischen Gangsterdarsteller Edward G. Robinson mimen, David James Elliot (JAG, Mad Men) den bereits angesprochenen John Wayne. Besonders in Erinnerung bleiben allerdings der Neuseeländer Dean O'Gorman (Hobbit-Trilogie) als Kirk Douglas und der deutsche Hollywood-Export Christian Berkel als österreichischer Kult-Regisseur Otto Preminger, die gemeinsam mit John Goodman als B- Movie-Produzent Frank King die illustre Nebendarsteller-Riege dominieren. Kenntnis über die genannten Hollywood-Größen wird das cinephile Publikum zusätzlich unterhalten. Über allen Dingen steht jedoch Bryon Cranston. Der Breaking Bad-Star verkörpert Dalton Trumbo mit formvollendeter Schrulligkeit, als von inneren Kämpfen geplagter Zweifler, der sich krampfhaft gegen das Dasein als Opportunist wehren möchte. Die Oscarnominierung war meiner Meinung nach völlig gerechtfertigt. Ein Film über einen Drehbuchautor sollte natürlich auch mit einem guten Skript aufwarten. Mit diesem kann Trumbo auch dienen. Verfasser John McNamara serviert uns in seiner ersten Kino-Vorlage nach dem Buch Dalton Trumbo von Bruce Cook 124 Minuten geschliffene Dialoge, jede Menge Wortwitz und stetige Übersicht über sein vielfältiges Ensemble. Der große Stolperstein auf dem Weg zu einem wirklich außergewöhnlichen Film ist allerdings Roachs Inszenierung. Diese kommt schrecklich brav und ohne Nachwirkung daher. Der erzählerische Rahmen von 23 Jahren Filmgeschichte wird nicht ausgereizt, abwechslungsreich montiert, oder durch verschiedene zeitliche Erzählebenen zusätzlich spannender gestaltet, sondern nur unaufgeregt, chronologisch abgefilmt. So verdankt es Trumbo seinem großartigen Cast und dem tollen Skript, ein dennoch überdurchschnittlich guter Film geworden zu sein. 

8/10

Für Fans von: Hail, Caesar, Sunset Boulevard, Good Night and Good Luck

Dienstag, 15. März 2016

Fußball, Raketen und Sperma



Der Spion und sein Bruder

Nach dem international enorm erfolgreichen Borat versuchte der britische Comedian und Schauspieler Sacha Baron Cohen mit zwei weiteren Filmen ähnlicher Prägung seinem Hit nachzueifern. Doch weder Brüno noch Der Diktator erreichten Qualität oder Beliebtheit der Kult-Mockumentary. In seinem neuen Werk Der Spion und sein Bruder pfeift Baron Cohen nun auf jegliche politische Note, ätzende Satire oder sonstige Erwähnung von Ernsthaftigkeit, fängt hochoktanig an und steigert sich anschließend noch in Sachen Absurdität und vollkommenem Wahnsinn. Der bewusst überflüssigen Story nach ist Der Spion und sein Bruder als Agentenfilm-Persiflage angelegt. Ein einfältiger Hooligan aus der Arbeiterklasse trifft auf seinen lang verschollenen Bruder, der sich als MI:6-Agent herausstellt. Fortan jagen die unterschiedlichen Geschwister auf geheimer Mission um die Welt. Der Film selbst nimmt sich des Plots niemals an, sondern fungiert nur als Vehikel um Mark Strong und Sacha Baron Cohen in abgedrehte und ekelhafte Szenerien zu schicken. Während das Zusammenspiel der Hauptfiguren überraschend gelungen ist, haben unter dieser Zentrierung vor allem die namhaften Nebendarsteller wie Rebel Wilson, Gabourey Sidibe (oscarnominiert für Precious), Barkadh Abdi (oscarnominiert für Captain Phillips, Penelope Cruz und Baron Cohens Ehefrau Isla Fisher zu leiden, die oftmals als bloße Stichwortgeber fungieren oder für einen Running-Gag geopfert werden. Dazu stimmt das Verhältnis zwischen 007-Parodie und zotiger Komödie nicht immer. Das Problem bei dieser Einschätzung ist allerdings, dass der Film auf wirklich alles pfeift und sich um Kategorien wie guten Geschmack nicht im Geringsten schert. Die Frage, ob eine riesige Bukkake-Szene im Inneren einer Elefanten-Gebärmutter (!) als Witz zu verstehen sein kann, wäre im Falle von Der Spion und sein Bruder nicht angemessen. Der Film liefert seine Gags mit einer großen Schlagzahl, erstaunlich viel Herz und vor allem, weil er es einfach kann. Bei einer Laufzeit von gerade 83 Minuten und einigen ziemlich spektakulären Actionsequenzen aus der Feder von Regissuer Louis Letterier (Transporter) bietet Der Spion und sein Bruder auch keinen Leerlauf, in dem der Zuschauer an sich und seiner Entscheidung über hemmungslos- infantile Scherze herzhaft zu lachen, zweifeln könnte. Wer sich also auf eine dreckige Filmfantasie einlassen kann, die dem Establishment den erhobenen Mittelfinger entgegenstreckt (im Film an sich durch Attacken gegen Donald Trump, Daniel Radcliffe und jegliche Minderheit präsentiert) und dazu noch hochwertig inszeniert ist, darf gerne einen Blick in Der Spion und sein Bruder riskieren.

6/10

Für Fans von: Ali G in da house, Austin Powers-Serie

Freitag, 11. März 2016

Daddy auf Abwegen



London has fallen

Vor drei Jahren spielte Olympus has fallen das Zweieinhalbfache seines Produktionsbudgets ein und wurde so im Schatten seines thematisch identischen, großen Bruders White House Down zum annehmbaren Überraschungserfolg. Den klassischen Hollywood-Regeln zur Folge erscheint nun mit London has fallen die Fortsetzung dieses Streifens. Lustigerweise wurde den Filmemachern ein kleineres Budget zur Verfügung gestellt, als noch für Olympus has fallen. Da der schwedisch-iranische Regisseur Babak Najafi in seinem ersten englischsprachigen Film aber getreu dem Motto Viel nützt viel gleich ganz London in Schutt und Asche legt und zudem noch auf den gleichen, überdimensionierten Cast wie sein Vorgänger zurückgreift, ist London has fallen in erster Linie eine optische Katastrophe geworden. Dieser Film beschäftigt sich mit einer Anschlagsserie in der britischen Hauptstadt, die während eines großen Staatsbegräbnisses vonstatten geht, als die wichtigsten Staatsoberhäupter der Welt versammelt sind. Mit Freude weidet sich der Streifen in den billigsten Klischees der entsprechenden Länder, wenn ihre Ministerpräsidenten, Kanzler und Staatschefs eingeführt werden. Ansonsten ist London has fallen ein wenig realitätsnaher angelegt als sein völlig abstruser Vorgänger, auch wenn mit diesem Kommentar vorsichtig umgegangen werden sollte. Zumindest gibt es den zweifelhaften, amerikanischen Krieg gegen den Terror mitsamt Drohnenangriffen und zahlreichen zivilen Opfern, auf den hier angespielt wird. Ähnlich wie in Olympus has fallen stehen in den 99 Minuten des aktuellen Kinofilms der amerikanische Präsident und sein Leibwächter im Mittelpunkt des Geschehens. Die größte Stärke eines Actionfilms sollten spektakuläre Szenen und waghalsige Stunts sein. Doch abgesehen von zwei mehrminütigen Oneshots gegen Ende des Films bietet London has fallen inszenatorisch gar nichts. Selten hat schlechteres und billigeres CGI die Kinoleinwand entstellt (Die another day und Die Mumie 2 sind vergleichbare Machwerke in dieser Hinsicht). Dazu wirken Kämpfe und Schusswechsel stets mickrig und schmutzig – London als Stadt bleibt komplett ungenutzt (aus finanziellen Gründen wurde ein beachtlicher Teil des Films in Bulgarien gedreht). Immerhin kann London has fallen mit seiner Kurzweiligkeit, einer gut aufgelegten Schauspielriege um Morgan Freeman, Melissa Leo (auch wenn sie nicht wirklich über einen Cameo-Auftritt hinaus kommt), Colin Selmon, Angela Bassett und Robert Forster sowie einem wirklich ordentlich harmonierenden Hauptgespann Gerard Butler und Aaron Eckhardt punkten. London has fallen ist somit kein Totalausfall, aber den Kinobesuch nur bedingt wert.

5/10

Für Fans von: Olympus has fallen, Strib langsam 4, 24 (Serie)

Montag, 7. März 2016

Interviews Zoomania Teil 4 - Byron Howard, Rich Moore, Clark Spencer

Regisseur Byron Howard hat als Teil des Animations-Teams bereits an Pocahontas oder Mulan gearbeitet. Nach Bolt und Rapunzel ist Zoomania seine dritte Regiearbeit.

Rich Moore machte sich als Regisseur von vilen Die Simpsons- und Futurama-Episoden einen Namen. Vor Zoomania hatte er bereits den Regisposten bei Ralph reichts inne. 

Der studierte Historiker Clark Specer ist seit 1993 bei Disney. Als Produzent zeigte er sich für Filme wie Lilo & Stich, Rapunzel, Bolt und Ralph reichts verantwortlich.



Wie seit ihr generell auf die Idee zu Zoomania gekommen?

Byron: Oftmals sitzen wir einfach zusammen und mit Glück komm jemand mit einer Idee um die Ecke und ein anderer baut darauf auf. Niemand in unserem Team kommt darauf zu sagen: Hey, das war meine Idee! Sowas entsteht dann häufig zufällig in einer Gruppe.
Clark: Und so probieren wir die grundsätzliche Story für einen Film auch aus. Wenn wir alle damit einverstanden sind, was vorgeschlagen wurde, dann gehts weiter.

Zu diesem Thema: Gab es denn Probleme mit Disneys Zensur in der Produktion von Zoomania?

Byron: Wir versuchten einen Film zu drehen, der sich an alle Menschen richtet. Deshalb kam eigentlich niemand auf die Idee, etwas zensieren zu müssen, zumal Disney gar kein eigenes Gremium für Zensur hat. Diese Grenzen auszuloten kam uns auch nicht in den Sinn. Die Witze im Film richten sich auch an sehr unterschiedliche Altersgruppen, daher mussten wir Erwachsene nicht mit übertrieben beleidigendem Humor ansprechen.
Rich: Wir wurden oft wegen der Nudisten-Szene angesprochen und wie wir mit Nacktheit in einem Disney-Film davongekommen sind. Der Trick, alle Tiere mit Kleidung auftreten zu lassen hat uns in der Sequenz glücklicherweise nur Lacher und keine Rückfragen beschert.

Wie hat sich eure wissenschaftliche Recherche zu den einzelnen Spezies im fertigen Film niedergeschlagen?

Byron: Wir hatten vor Drehbeginn das Gefühl uns mit jedem Teil der Geschichte auskennen zu müssen, bevor wir die Realisierung der Story angehen können. Daher haben wir verschiedene Naturreservate in den Vereinigten Staaten besucht. John Lasseter (Co-Produzent und Pixar-Chef, d. Red.) brachte uns dann dazu auch nach Afrika zu fliegen. Mit mehr als einem Dutzend Verantwortlichen sind wir dann nach Nairobi geflogen. Dort konnten wir ein unglaublich friedvolles Gefühl erleben, dass durch die Abwesenheit jeglicher menschlicher Spuren herrührte. Wir konnten Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum sehen, der sich Jahrtausende nicht verändert hat. Das miteinander aller Tierarten, die sich nicht unentwegt gegenseitig fressen wollten gab dann den Anstoß zur großen Stadt Zootropolis.
Rich: Unser Animationsteam hatte in Afrika auch die Chance 6 Monate lang die einzelnen Tiere zu studieren. Diese Beobachtungen haben uns dann enorm dabei geholfen die Tiere nicht vermenschlicht darzustellen. So haben wir zum Beispiel bewusst Elefanten im Film nur mit ihrem Rüssel als einzige Greifmöglichkeit gezeigt und nicht wie in anderen Animationen vorher mit unterstützenden Vorderfüßen. Denn reale Elefanten agieren auch nur mit ihrem Rüssel. Auch wenn das jetzt selbstverständlich klingt, ersetzt kein Experte oder keine Online-Recherche die persönliche Erfahrung.

Wie habt ihr entschieden, welche Tiere es in den fertigen Film schaffen? Wir vermissten etwa Vögel oder Insekten.

Rich: Wir haben domestizierte Tiere wie Katzen und Hunde ausgeklammert. Das galt für alle Tiere, die nicht zweifelsfrei als Jagd- oder Beutetiere eingestuft werden konnten. Denn das war der zentrale Punkt der Geschichte. 70 Tierarten waren es ja dennoch.

Clark, musstest du als Produzent Rich und Byron sonderlich überzeugen die Regie für Zoomania zu übernehmen?

Clark: Gemeinsam mit John Lasseter entwickelte ich die Idee eines Films über sprechende Tiere in einer menschenähnlichen Umgebung. Und John wollte diesen Vorschlag sofort umsetzen. Ursprünglich war Zoomania als Agentenfilm geplant der in einer Welt spielt, in der ein Mensch die von Tieren bevölkerte Welt infiltriert. Als wir uns dann an verschiedene Regisseure wandten, kamen Rich und Byron mit der Idee ums Haus, den Agentenaspekt fallen zu lassen und uns ausschließlich auf die Tiere zu fokussieren. Mit gefiel dies wirklich gut – und so kamen die beiden an Bord.
Rich: Was mich an diesem Prozess immer wieder begeistert hat, waren die vielen Einflüsse und Vorschläge so vieler Menschen. Ich musste mich immer wieder bremsen und sagen: diese Idee von dir schafft es wahrscheinlich nicht in den finalen Film, ist aber ein kleines Stück auf dem großen Weg.

Zoomania ist ja zu einem beachtlichen Teil auch ein Buddy-Movie. Gab es spezielle Leinwandpaare in der Vergangenheit, die euch inspirierten?

Rich: Auf jeden Fall der Klassiker Der dünne Mann, die 80s-Serie Moonlight mit Bruce Willis, 48 Stunden und sicherlich auch Beverly Hills Cop, der zwar weniger ein Buddy-Movie ist, aber genau das Gefühl vermittelt, das wir auch mit Zoomania erzeugen wollten.
Byron: Generell haben wir viele Frank Capra-Filme als Inspiration gesehen. Judy ist ein sehr capraesker Charakter geworden. Dank ihres reinen Herzens ist sie eine ideale Heldin. Und der Film beschäftigt sich damit, dieses Herz Belastungen auszusetzen, um zu sehen, ob es diesen standhält. Das ist das typische Capra-Motiv. Auch wenn es vielleicht etwas naiv ist – man hofft immer, dass diese Reinheit überlebt.

Zum großen Disney- und Pixar-Team gehört auch Michael Giacchino, der die Filmmusik für Zoomania schrieb und bereits für Oben einen Oscar gewann. Was hat er denn, außer der Musik natürlich, zur Entstehung des Films beigetragen?

Rich: Er hat einen völlig verdrehten Sinn für Humor. Nach einer wirklich langwierigen Produktion mit so einem freundlichen Menschen an der Musik zu arbeiten, war eine enorme Wohltat. Er lud uns in sein Haus ein – der absolute Nerd-Traum. Überall standen Spielfiguren aus seinen Lieblingsfilmen, die er schon als Kind gesammelt hat. Wir konnten dort mit ihm die Musik schreiben und er gab dir das Gefühl, ein Leben lang dein Freund gewesen zu sein. Einen besseren Teamworker konnten wir uns nicht vorstellen.
Byron: Das tolle an Michael war, wie schnell er einen Zugang zum Film gefunden hatte. Wir wurden darauf vorbereitet, dass es vielleicht nichts mit Zoomania anfangen kann und wir uns einen anderen Komponisten suchen müssten. Und wir haben ihm den Film gezeigt und wirklich tief gehofft, dass er ihn mag. Und wir hatten Glück: Michael schrieb eine 8minütige Suite, die nichts mit dem Film zu tun haben sollte, sondern nur sein gegenwärtiges Gefühl über Zoomania ausdrückte. Wir waren sofort von seiner Arbeit angetan. Doch dann steigerte er sich noch einmal, um den eigentlichen Soundtrack zu schreiben. Michael brachte auch Bernie Dresel ins Team, der Drummer der die Schlagzeugparts für Whiplash eingespielt hatte. Ihm verdanken wir das großartige Dschungelgefühl des Films, für das er ausschließlich auf Waschtrommeln und Ölfässern spielte.

Samstag, 5. März 2016

Interviews Zoomania Teil 3 - Frederick Lau


Frederick Lau hatte seinen ersten großen Erfolg mit Die Welle 2008, für den er einen deutschen Fernsehpreis gewann. Seit dem ist der 26jähriger Berliner in zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen zu sehen und tritt in Musikvideos auf. Seine bekannteste Rolle dürfte die des Sonne im Sensationserfolg Victoria sein. Das Nudisten-Yak Yax in Zoomania ist Laus erste Synchronrolle.


Yax ist deine erste Synchronrolle. Wie fühlst du dich dabei?

Ich hab mir alles viel einfacher vorgestellt und einen großen Respekt vor allen Sprechern entwickelt. Wie nuancenreich und präzise diese Arbeit ist, hat mich überrascht. Für ein einziges Wort haben wir dann auch mal 50 Takes aufgenommen.

Wurdest du speziell auf diese Rolle vorbereitet?

Überhaupt nicht. Ich habe gehört, es ist absichtlich so, dass wir Schauspieler gern ohne Vorbereitung an die Synchronisierung geschickt werden, weil wir uns zu viele Gedanken über die Rolle machen würden. Das Ziel bleibt ja, dem Originalsprecher nah zu kommen, ohne die eigenen Stimmcharakter aufzugeben.

Wurdest du dann wegen deines Namens ausgesucht?

Ich habe im Nachhinein gehört, dass meine Stimme den Verantwortlichen gefallen hat. Ich könnte mir auch vorstellen, den Wiedererkennungswert auszubauen.

Nimmst du selbst Sprachunterricht?

Leider nicht. Vielleicht sollte ich das aber mal tun.

Wie stehst du als Sprecher des Nudisten-Yaks selbst zu FKK?

Find ich super. Ich bin mit Nacktbaden aufgewachsen. Als man mich fragte, ob ich einen nackten Yak sprechen will, hat das dann auch wie die Faust aufs Auge gepasst.

Könntest du dir nach der Arbeit an Zoomania vorstellen einen kompletten Film in der Hauptrolle zu synchronisieren?

Gern, aber die Macher sollten viel Geduld mitbringen. Ich habe meine geplante Studiozeit doch arg strapaziert.

Wie ist denn generell deine Meinung zu Synchronisationen?

Sehr unterschiedlich. Es gibt Filme, die kann man sich durchaus in der deutschen Fassung anschauen, da wurde mit viel Kreativität gearbeitet. Donnie Brasco fällt mir da gerade ein. Häufiger kommt es allerdings vor, dass ich Filme im O-Ton sehe. Dennoch sollte man aufgeschlossen sein. Besonders, weil wir Weltmeister im synchronisieren sind.

Welche Bedeutung hat Disney für dich privat?

Eine sehr große. Disneyfilme gehörten einfach zu meiner Kindheit, da ist es schon eine Ehre, an solch einem Film mitarbeiten zu dürfen. Allein meiner Tochter irgendwann einmal Zoomania zeigen zu können, finde ich großartig.

Womit geht es denn in deiner Karriere, auch im Hinblick auf den großen Erfolg Victoria, weiter?

Zur Zeit arbeite ich an einem Roadmovie mit Devid Striesow und David Kross. Das wird richtig spannend und berührend. Düsterer wird dann schon Das kalte Herz nach Wilhelm Hauff. Den Film haben wir jetzt im Schwarzwald gedreht. Er wird im Laufe des Jahres ins Kino kommen.

Til Schweiger meinte neulich, wir Deutschen können nur Genrekino machen, wenn er selbst mit anpackt. Wie siehst du denn das deutsche Kino derzeit?

Das Problem beginnt meiner Meinung nach viel früher. Junge Leute haben einfach keine Lust, sich deutsche Filme anzuschauen. Eine prozentuale Quote für deutsche Filme im Kino fände ich toll. Den Kinobesuchern muss gezeigt werden, dass deutsche Filme nicht nur Geschichtsdramen sind. Da appelliere ich auch an die Kinobetreiber mutig zu sein. Wir müssen eine generelle Sensibilität für die Vielfältigkeit deutscher Filme im eigenen Lande erzielen.

Wie stehst du zu der Entscheidung, Victoria wegen des gesprochenen Englischs nicht als potentiell nominierten fremdsprachigen Film für alle amerikanischen oder britischen Filmpreise anzuerkennen?

Für mich ist das eine Farce. Das ist ja wirklich kein hochtrabendes Englisch, was wir im Film sprechen. Trotzdem wurden die englischen Wörter gezählt, die verwendet wurden. Dass dies in einem Film über das interkulturelle Leben in Berlin jetzt gegen uns verwendet wird, macht mich traurig. Victoria wäre ja wirklich Werbung für den deutschen Film gewesen. Die typischen Dramen, die stattdessen nach Amerika geschickt wurden, verkörpern das für mich nicht.






Freitag, 4. März 2016

Interviews Zoomania Teil 2 - Josefine Preuß



Josefine Preuß hatte ihren Durchbruch in Türkisch für Anfänger, war aber schon seit ihrem 14. Lebensjahr in der Kika-Serie Schloss Einstein zu sehen. Sie ist häufig in Synchronrollen zu sehen und liest neben ihrer Schauspielkarriere Hörbücher ein. In Zoomania spricht sie die Hauptrolle Judy Hopps.


Welche Bedeutung haben Disneyfilme für dich?

Ich bin mit Disney groß geworden. Ich finde es generell toll mich in fremde Welten und Märchen versetzen zu lassen. Daher liebe ich Filme wie König der Löwen oder Arielle.

Musstest du ein Casting überstehen, um Judy sprechen zu dürfen?

Nicht wirklich. Ich wurde gezielt angefragt und musste nur noch einen Stimmentest nach Amerika schicken. Der fiel dann auch positiv aus.

Deine Figur, die Häsin Judy Hopps ist im wahrsten Sinne des Wortes äußerst sprunghaft. War es schwierig die exakte Synchronisierung inmitten der vielen Bewegungen sehr schwierig?

In solchen Situationen ist man auch körperlich komplett bei den Figuren und „springt“ mit ihnen. Somit stimmt das Sprachgefühl auch überein. Eine Szene habe ich sogar kopfüber eingesprochen. Alles andere machen dann die Techniker.

Zoomania ist mittlerweile deine dritte große Synchronarbeit. Dazu hast du viele Hörbücher eingesprochen. Ist das mittlerweile Routine?

Nein, ich bin immer noch wahnsinnig aufgeregt. Gerade mit Legenden wie Manuel Straube (Regisseur der Synchronisierungen d.Red.) zu arbeiten ist nicht selbstverständlich. Er war es dann auch, der mich so warmherzig aufnahm. Bei ihm konnte man sich fallen lassen, er hat mich in allem unterstützt.

Wie lange warst du für das Einsprechen geplant gewesen?

Eine Woche war geplant, dreieinhalb Tage haben wir dann nur gebraucht. Zehn Stunden am Tag im Studio zu stehen, ist dann allerdings auch keine Seltenheit.

Wie würdest du Judys Charakter beschreiben? Was hat dich an ihr gereizt?

Judy ist sehr zielstrebig und setzt alles daran ihren Traum zu verwirklichen. Sie definiert sich dazu auch selbst über ihr Pflichtbewusstsein, ihre Loyalität und ihren Gerechtigkeitssinn. Das gefiel mir an ihr am besten. Ich denke, sie könnte damit ein Vorbild für alle kleinen Mädchen werden, die oftmals nicht an sich glauben.

Denkst du, dass eine so von Grund auf ehrliche Figur wie Judy nur noch in Animationsfilmen machbar ist?

Nein, das funktioniert auch in normalen, fiktionalen Filmen?

Aber nicht in der Realität?

Das weiß ich nicht. Diese Frage stellt sich mir aber nicht. Denn gerade für Kinder hat diese Vermenschlichung der Tiere überhaupt kein Gewicht. Kinder vergessen komplett, dass sie einem Hasen oder einem Fuchs auf ihren Abenteuern folgen.

Dennoch muss man sagen, dass selbst Judy versteckte Vorurteile hat.

Absolut. Das ist auch die Message des Films. Gerade in der heutigen Zeit sind wir so oft Opfer unser eigenen Klischees. Da versucht der Film zu vermitteln: Versucht immer hinter die Fassade zu blicken. Und wen wir versuchen unsere Vorurteile abzulegen und mit einem Lächeln durchs Leben gehen, könnten wir doch alle einigermaßen Friedlich miteinander existieren.

Gab es im Film eine Szene, die dich besonders überrascht hat?

Auf jeden Fall die Faultierszene. Dadurch, dass wir alles einzeln aufgenommen haben, waren die Überschneidungen der so unterschiedlichen Gesprächsteilnehmer am Ende so unglaublich witzig.

Habt ihr Vorgaben von Disney bekommen, wie die Synchro letztendlich klingen soll?

Man hält sich automatisch an die originalen Sprecher. Die verschiedenen Schwankungen in Judy Emotionen habe ich mir angehört und dann in meiner Art zu Sprechen übernommen.

Was sind denn im Spielfilmbereich deine nächsten Projekte?

Im Herbst kommt, gerade frisch abgedreht, eine DDR-Verwechslungskomödie. Vorwärts immer; mit Jörg Schüttauf als Honecker. Äußerst witzig! Außerdem beenden wir im Sommer die Edelstein-Trilogie mit Smaragdgrün. Im Frühjahr drehe ich dann noch einen Historien-Mehrteiler, über den ich aber noch nichts sagen kann.

Gibts denn Hoffnung für alle Türkisch für Anfänger-Fans?

Konkrete Pläne gibt es momentan nicht. Der Zeitpunkt wäre auch etwas ungünstig, da für eine Fortsetzung jetzt schon recht viel Zeit ins Lang gegangen ist. Die Macher der Serie haben ja auch gerade mit Fack ju Göhte einen enormen Erfolg an Land gezogen, den sie in den nächsten Jahren auch weiter verfolgen werden. Was uns gefallen würde, wäre eine Art Reunion im Stiel der Gilmore Girls. Was mit den Figuren nach vielen Jahren passiert ist, könnte sicherlich auch die Zuschauer interessieren.

Deutscher Film oder deutsches Fernsehen. Welcher Branche geht es besser?

Mit Fack ju Göhte und Ähnlichem geht es uns in der Kinowelt zur Zeit echt gut. Die Verkaufszahlen für deutsche Filme stimmen. Ich finde aber auch, wir sind beim deutschen Fernsehen auf einem richtig guten Weg. Gerade was die Miniserien und historischen Mehrteiler, wie Unsere Mütter, unsere Väter, Tannbach, Adlon, angeht, sieht man, dass das wir keine schlechten Serien produzieren müssen, die nach einer Folge abgesetzt werden.

Wie stehst du zum Einsteigen der großen Streamingplattformen ins Seriengeschäft?

Das ist meiner Meinung nach viel zu spät geschehen. Meine Generation schaut kein Fernsehen mehr. Die Finanzierungsmöglichkeiten sind auch, siehe Club der roten Bänder, vielfältiger. Ich sehe da, auch für uns als Darsteller, in der Zukunft viel Raum zur Verwirklichung. Die großen Sendeanstalten müssen das Internet als größere Chance begreifen. Oliver Berben hat das sehr gut erkannt, als er Ferdinand von Schirachs Verbrechen zuerst online veröffentlichen ließ. Das hat den Einschaltquoten keinen Abbruch getan, und auch die jüngere Generation hat das ZDF-Programm wahrgenommen.

Wie können wir denn die filmfaulen jungen Menschen dazu erziehen, wieder verstärkt ins Kino zu 
gehen?

Ich finde, man muss das Kino wieder als Erlebnis wahrnehmen. Es gibt ja für jeden Konsumenten auch das Richtige. Wenn ich mir einen Film gehoben anschauen will, gehe ich in ein Kino mit Ledersesseln und so. Und das Gemeinschaftsgefühl muss beim Kinobesuch wieder mehr in den Vordergrund gebracht werden. In einer Gruppe auszugehen und gemeinsam im Kino aus vollem Halse zu lachen, ist einfach wunderschön.



Donnerstag, 3. März 2016

Interviews Zoomania Teil 1 - Rüdiger Hoffmann



Rüdiger Hoffmann ist einer der etabliertesten Comedians in Deutschland. In Zoomania spricht er das Faultier Flash. Diese Nebenrolle ist seine erste öffentlichkeitswirksame Synchronarbeit.



War die Vorbereitung auf diese Rolle sehr zeitaufwändig?

Überhaupt nicht. Was ich allerdings feststellen konnte, war, dass Flash nicht unbedingt ein langsamer Redner ist, sondern nur sehr lange Pausen zwischen den einzelnen Wörtern lässt. Somit waren in der Vorbereitung Timing und Ausdruck besonders wichtig. Ebenso wurde sehr auf die Melodiebögen in der Synchronisation geachtet. Doch letztenendes war nach 2 Stunden alles im Kasten.

Hast Du denn auf deutschen Ämtern ähnlich frustrierende Erfahrungen gemacht, wie sie Judy und 
Nick jetzt in Zoomania widerfahren?

Das Nummer ziehen und warten ist schon etwas nervig, aber generell eher weniger. Nichts zu tun ist auch wesentlich stressiger, als vernünftig zu arbeiten.

Wann bist Du denn mal so richtig unter Stress?

Das kommt ehrlich gesagt sehr selten vor. Maximal, wenn am Flughafen etwas mit meiner Buchung nicht richtig läuft und man selbst oder seine Familie Gefahr läuft, nicht mit in das Flugzeug zu kommen. Da schnellt mein Puls dann doch in die Höhe, weil man so hilflos ist.

Gab es in der Vergangenheit bereits Rollen in Animationsfilmen, die Du gern synchronisiert hättest?

Nein, daran hatte ich noch nie gedacht. Umso überraschter war ich, dass mich Disney offenbar einstimmig als Synchronsprecher für diese Rolle wollte.

Gab es denn eine besondere Herausforderung in der Synchronarbeit im Gegensatz zum sprechen in einer Halle vor vielen Leuten?

Ja, das Einsprechen für den Film ist viel präziser, auf der Bühne kann ich eher reden, wie ich will. Bei der Studioarbeit muss ich auch verstärkt auf das Vermeiden von Geräuschen und Bewegungen achten – die wären allesamt später zu hören gewesen.

Würdest Du gern öfter als Synchronsprecher arbeiten?

Live aufzutreten bleibt meine Haupttätigkeit. Mit meinem neuen Programm – 'Ich hab's ja nur gut gemeint' – bin ich jetzt auch wieder zwei Jahre auf Tour. Aber gerade, weil die Synchronisierung so abwechslungsreich ist, würde ich das in Zukunft auch gerne häufiger machen. Selbst von den Disney-Verantwortlichen wurden mir viele Sprechrollen in Aussicht gestellt und Flash erfreut sich einer großen Beliebtheit, sodass ich mir beispielsweise ein Spin-Off mit ihm vorstellen könnte. Trotzdem brauche ich eigentlich das Publikum.

Reagiert das denn überall gleich?

Prinzipiell ja. Allerdings gibt es einige kleine, regionale Unterschiede. In Baden-Württemberg zum Beispiel sind die Leute sehr enthusiastisch, wohingegen die Leute in meiner Heimat Ostwestfalen teilweise zurückhaltender reagieren. Die sind ja wirklich so wie ich. Generell bin ich aber einfach zufrieden nach mittlerweile 30 Jahren immer noch in ausverkauften Häusern spielen zu können.

Fehlt dem deutschen Fernsehen der Quatsch Comedy Club?

Auf jeden Fall. Ich würde selbst auch gern wieder eine solche Sendung machen. Allerdings mit einer guten Mischung aus Comedians und Kabarettisten. Einen Sender zu finden, der an so etwas Interesse hat, ist aber sehr schwierig. Ich habe das Gefühl, dass so ein Konzept gerade nicht angesagt genug ist. Ich liebe aber humoristische Wortbeiträge im Fernsehen am meisten.

Wären für diese Idee Netflix oder Amazon Prime eine Möglichkeit zur Produktion?

Ja, absolut. Daran dachten wir auch schon. Das Internet gewährt einem schließlich die Freiheit, die das Fernsehen nicht bietet. Wenn überhaupt kämen für mich auch nur dritte Programme in Frage. Der Quotendruck der privaten Sender wäre mir nur im Weg. Das Publikum kleinerer Sender würde eine solche Sendung dann auch wesentlich bewusster schauen.

Hat das klassische Kabarett denn noch eine Chance?

Natürlich. Ich bin auch mit meiner Art vor 30 Jahren als Kabarettist aufgetreten. Für diese Art des Kabaretts gab es in den Achtzigern allerdings noch kein Wort. Ich habe mich dann selbst als Alltagstypenkabarettist bezeichnet. Mit RTL Samstag Nacht kam dann der Begriff Comedy für eine Sache nach Deutschland, die ich zu diesem Zeitpunkt schon 5 Jahre gemacht hatte. Somit war ich schlagartig ein Comedian der ersten Stunde. Und trotzdem hat sich das Kabarett bis heute gehalten. Besonders das politische Kabarett ist ja im Fernsehen zur Zeit äußerst beliebt. Der typisch deutschen Unart allerdings, zwischen dem „wichtigen“ Humor – dem Kabarett - und dem „unwichtigen“ Humor – der Comedy – zu unterscheiden, würde ich mit meiner Show gern entgegenwirken.









Fuchs und Hase



Zoomania

Das Kernelement eines jeden Buddy-Movies ist das ungleiche Paar. Zwei Menschen, die aus verschiedenen Kulturkreisen kommen (Rush Hour, The Guard – Ein Ire sieht schwarz), durch großen Altersunterschied getrennt sind (Lethal Weapon, Men in Black), oder eine generell unterschiedliche Lebensauffassung haben (Bad Boys, Hot Fuzz) müssen, zumeist verpackt in eine Actionkomödie, einen Kriminalfall lösen. Nun hat sich Disney dieses klassisch-amerikanischen Genres angenommen und bringt uns das Animationsabenteuer Zoomania in die Kinos. Das Protagonisten-Paar wird hier durch die Häsin Judy und den Fuchs Nick verkörpert, die sich in einer von anamorphen (menschenähnlichen) Tieren bevölkerten Welt einer weitreichenden Verschwörung entgegenstellen müssen. Die Vorzeigepolizistin und der Kleinkriminelle folgen den Gesetzen der Filmgattung und überwinden eigene Vorurteile , um einer größeren Sache zu dienen. Das Aushängeschild des Mäusekonzerns sind seit jeher seine fantasievoll entworfenen Welten. Und so punktet auch Zoomania mit großartigen Animation, die mit viel Detailreichtum die artspezifischen Gegebenheiten der Tiere mit einer modernen Stadt in Einklang bringen. Architektur, Klima – alles ist dem Lebensraum der jeweiligen Spezies nachempfunden, dazu wird besonderen Wert auf die Größenunterschiede der Tiere gelegt, die, für einen Trickfilm äußerst ungewöhnlich, absolut realistisch dargestellt werden. Von Savannenlandschaften über Regenwälder bis hin zum Nagetierdistrikt – Zoomania ist mit viel Hingabe bei der Sache. Inhaltlich wird eine klassische Kriminalgeschichte erzählt, die für Disneyverhältnisse (besonders im Vergleich zur flachen Storyline des letztjährigen Baymax) erstaunlich vielschichtig ist, für die kleinen Zuschauer allerdings etwas überfordernd wirken könnte. Für das erwachsene Publikum gibt es dafür mit vielen skurrilen Nebencharakteren zahlreiche Anspielungen auf die Filmgeschichte zu entdecken. Figuren, Namen, Kamerafahrten und Dialoge sind teilweise in Gänze aus Filmen wie Speed und Der Pate, sowie aus Serien wie Breaking Bad (die Mitarbeiter eines Chemielabors nennen sich Walter und Jesse) entnommen. Das zentrale Thema, und somit auch der Teil der dem Bildungsauftrag eines Kinderfilms am nächsten kommt, ist die Überwindung von Vorurteilen und die Gleichheit aller Rassen. Dies ist glücklicherweise nicht mit dem Holzhammer umgesetzt wurden, sondern entsteht selbstverständlich aus der Geschichte und den handelnden Figuren. Zoomania punktet des Weiteren sowohl mit einer sehr hohen Gagdichte, als auch mit stimmigen emotionalen Szenen. Allein der penetrante Einsatz des Titelsongs des kolumbianischen Superstars Shakira und deren Auftritte im Film, wirken recht deplatziert. Alles in Allem hat mich der Film aus der Feder des Pocahontas-Schöpfers Byron Howard und der Pixar-Legende John Lasseter (ausführender Produzent) auf allen Ebenen sehr positiv überrascht.

8/10

Für Fans von: Baymax, Bolt – ein Hund für alle Fälle




Für alle Klassen



Das Tagebuch der Anne Frank

Die 2016er Verfilmung des Tagebuchs der Anne Frank ist nunmehr die vierte internationale Kinoauswertung des Stoffes. Dazu kommen mehrere Fernsehadaptionen, ein japanischer Anime sowie zahllose Dokumentationen, die sich mit dem Schicksal der jüdischen Familie beschäftigen. Der nun vorliegende Streifen ist allerdings die erste deutsche Produktion, realisiert von Hans Steinbichler in Kooperation mit dem Anne Frank Fonds, dem internationalen Rechteverwerter und Alleinerbe, gegründet von Anne Franks Vater Otto . Einer solch global bekannten und einflussreichen Vorlage neue Facetten abzugewinnen ist dementsprechend schwierig. Und auch wenn Das Tagebuch der Anne Frank kein vollkommener Film ist, so überzeugt er zumindest in seiner kompletten Subjektivierung. Allein Anne ist es, durch die der Zuschauer einen Einblick in die zweijährige Isolation im berühmten Hinterhaus der Amsterdamer Prinsengracht 263 gewährt bekommt. Anne beherrscht nahezu jede Szene, die präzise Kameraarbeit verdeutlicht dabei die Eigenschaften des Teenagers, eine detaillierte Beobachterin zu sein. Zusätzlich lässt Steinbichler seine Protagonistin besonders aussagekräftige Passagen ihres Tagebuchs direkt in die Kamera sprechen. Mit Nachwuchsstar Lea van Acken ist die vielschichtige Rolle auch ideal besetzt. Generell kann dem Cast, dessen bekannteste Mitglieder Martina Gedeck und Ulrich Noethen sind (sie spielen Annes Eltern), kein Vorwurf gemacht werden. Dazu gefällt Das Tagebuch der Anne Frank durch seinen Look, der stark von einem feinen Gefühl für Licht und Farben geprägt ist. Das Kammerspiel verliert dadurch viel von seiner Trägheit. Dem entgegen wirkt allerdings das Passing des Films. Besonders im dritten Viertel, als alle Konflikte auserzählt sind und die Spannung ob des bekannten Ausgangs der Geschichte bereits nachlässt, spürt man die 128 Minuten Lauflänge des Films deutlich. Eine präzise Charakterstudie in historischen Kontext lässt sich unterhaltsam auch in deutlich unter zwei Stunden inszenieren. Was einige Szenen zusätzlich unangenehm erscheinen lässt, ist die unablässige, melodramatische Musikuntermalung. Der bedrückende Score lenkt die Emotionen der Zuschauer aufdringlich in die gewünschte Richtung und lässt keinen Raum zur Reflexion. Ein weiterer Schwachpunkt des Streifens ist dessen Ende. Mit der Entscheidung auch die Zeit der Franks im KZ Auschwitz in den Film zu integrieren, wird dem Geschehen auch hier seine Brisanz genommen, die sonst im Kopf des Zuschauers entstünde. Während die Besatzung der Niederlande durch die Nazis im kompletten sonstigen Filmverlauf nur die grausige Hintergrundmusik für die Charakterisierung einer jungen Frau ist, entfernt sich Das Tagebuch der Anne Frank in den letzten Zügen von dieser eigentlich gelungenen Erzählweise, die dem Originalstoff auch am nächsten kommen würde. So bleibt eine toll ausgestattete und gespielte Literaturverfilmung, die zu offensichtlich Bildungsfernsehen sein möchte.

6/10

Für Fans von: Sophie Scholl – Die letzten Tage, Der Pianist, Das Leben ist schön



Ich bin unschuldig


El Clan

Zwischen 1976 und 1985 stand Argentinien unter der Herrschaft einer Militärdiktatur. Besonderes internationales Augenmerk wurde in dieser Zeit dem Falklandkrieg und dem verordneten Staatsterror zuteil, im Zuge dessen schätzungsweise 30000 Menschen spurlos verschwunden. Das Schicksal dieser sogenannten Desaparecidos ist bis heute vielfach nicht aufgeklärt. El Clan beschäftigt sich nun mit der Puccio-Familie, die im Argentinien der frühen 80er Jahre mit Entführungen und Morden ein einträgliches Geschäft leitet, während der Schein des Ehrenwerten in ihrer Nachbarschaft aufrecht gehalten wurde. In angenehm kurzweiligen 108 Minuten ist El Clan permanent überraschend. Einem europäischen Publikum ist die Geschichte der Puccios weitgehend unbekannt, daher kann schon die Ausgangssituation, um den brutalen Gegensatz von Familien- sowie Sozialleben und dem gewalttätigen Gangsterdasein, mit mehreren doppelten Böden aufwarten. Dazu überrascht Regisseur Pablo Trapero auch inszenatorisch mit viel schwarzem Humor und einem abgedrehten Soundtrack, der mit Acts wie Creedance Clearwater Revival und The Kinks das makabere Geschehen gewitzt konterkariert. So wird die von unterschwellig zu vordergründig und zurück wechselnde Spannung konsequent aufrecht gehalten. Besonderes Augenzwinkern legen die Filmemacher immer dann an den Tag, wenn es um die Verknüpfung von Staat und organisierter Kriminalität geht. Die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche im Argentinien der 80er Jahre sind von zentraler Bedeutung in El Clan (die filmische Umsetzung dank Originalmaterial aus jener Zeit äußerst eindrucksvoll) und trugen mit Sicherheit ihren Teil dazu bei, dass der Film zum erfolgreichsten jemals in den argentinischen Kinos laufende Streifen überhaupt wurde. Neben dem Erfolg in der Heimat konnte El Clan auch mit dem Gewinn des silbernen Löwens bei den Filmfestspielen von Venedig 2015 international auf sich aufmerksam machen. Für die Produzenten rund um Regielegende Pedro Almodóvar war dies nach Wild Tales ein weiterer globaler Hit. Die packendste Figur des Films ist zweifellos Familienpatriarch Arquimedes. Guilliermo Francella, der eigentlich für Slapstick und Comedy bekannt ist, verkörpert die verschiedenen Facetten des Oberhaupts, egal ob als Familienmensch, als Gangsterboss, oder als Mischung aus beidem, gleichsam glaubhaft. Sein mitleiderregendes Festklammern an die Vergangenheit macht Arquimedes in Verbindung mit dem glaubhaften Schauspiel zu mehr als einem hassenswerten Opportunisten. Als Mann, der den demokratischen Aufbruch seines Landes 1985-87 , ebenso wie den persönlichen Aufbruch seiner nun erwachsenen Kinder als persönlichen Affront begreift, bleibt Arquimedes bis zu seinem Lebensende zu einem gewissen Teil bedauernswert. Diese charakteristische Gratwanderung gelingt El Clan ganz hervorragend. Er ist somit in jeder Hinsicht ein bemerkenswerter Film.

8/10

Für Fans von: Die Mafia mordet nur im Sommer, Wild Tales,