Mittwoch, 31. August 2016

Das Thema, Der Effekt, Kein Prestigio




Die Unfassbaren 2

Die Unfassbaren – Now you see me war 2013 eine echte Überraschung. Nicht nur bot der Magier-Spaß jede Menge Unterhaltung und bestens aufgelegte Stars, sondern bescherte der Produktionsfirma mit Einnahmen von 375 Million $ auch genügend Rückenwind um die als Trilogie angelegte Filmreihe fortzusetzen. Dieses Vorhaben der Mehrteiligkeit kann allerdings schon nach Betrachtung des ersten Teils als einigermaßen merkwürdig angesehen werden, da das aufgebaute Mysterium gelöst und die Geschichten um die 4 Reiter auserzählt wurden. Und so beginnt Die Unfassbaren 2 nach einer stimmigen Einführung, die die Elemente des ersten Teil in Erinnerung ruft, auch genau an dieser Stelle. Die Protagonisten haben nichts zu tun. Während man in Die Unfassbaren – Now you see me das Überspielen inhaltlicher Ungereimtheiten mit inszenatorischer Raffinesse noch hinnahm, ist die dünne, sich wiederholende Story in Die Unfassbaren 2 das zentrale Problem. Jegliche, als großer Plottwist aufgebaute, Überraschung kann der Zuschauer vorhersehen. Die Figuren sind von Minute 1 bis 129 klaren Schwarz-Weiß-Schemata unterworfen, welche auch nie in Frage gestellt werden. Für einen Magierfilm, der per Definition vom Unerwarteten lebt, ist dies natürlich fatal. Optisch kann der amerikanische Regisseur John M. Chu, in dessen Vita man Perlen wie Step Up 2 und 3, den Justin Bieber-Film Never say never oder GI: Joe 2 findet, außer Hektik wenig hinzufügen. Die Unfassbaren 2 sieht im Ganzen aber ordentlich aus und geht getrost als unterhaltsam durch. Allerdings nur als unterhaltsam. Nicht als interessant, nicht als spannend. Und selbst dies ist hauptsächlich dem beeindruckenden Cast zu verdanken. Vor allem Mark Ruffalo und Dave Franco halten die Zuschauer bei Laune, während Jesse Eisenberg seine Rolle aus Teil 1 komplett kopiert und Woody Harrelson in einer abgedrehten Zwillings-Performance zumindest hemmungslos übertreibt. Michael Caine und Morgan Freeman schauen mal kurz vorbei und Daniel Radcliffe kann seinen coolen Auftritt, der im ersten Trailer zum Film bekannt wurde, leider nicht bestätigen. So wird ein großer Haufen A-lister für zwei Stunden um den kompletten Erdball gehetzt, nebenbei pflichtschuldig versucht das chinesische Publikum anzusprechen und ziemlich billig ein dritter Teil angeteast. Ob dieser allerdings nach schwachem Abschneiden von Die Unfassbaren 2 am amerikanischen Box-Office überhaupt entsteht, ist mehr als fraglich. Ich würde dagegen plädieren. 

4/10

Für Fans von: Die Unfassbaren – Now you see me, Der unglaubliche Burt Wonderstone

Donnerstag, 25. August 2016

Der Unterschied zwischen Rennpferd und Nutte




Collide
 
Um es direkt vorwegzunehmen: Das einzig wirklich bemerkenswerte an Collide ist dessen Entstehungsgeschichte. Eine deutsche Autobahn ohne Tempolimit scheint in den USA noch immer seltsame Gelüste zu wecken, weswegen Kult-Produzent Joel Silver (Matrix-Trilogie, Stirb langsam, Lethal Weapon) nach seiner Trennung von Warner als selbstständiger Produzent mit der Idee eines auf deutschen Autobahnen spielenden, international produziertem Actionfilm schwanger ging. Also schlug das Produktionsteam seine Zelte in Köln und Umgebung auf (hier sind Dreh- gleich auch Spielorte) und ließ Luxuskarossen über abgesperrte Straßen heizen. Das zunächst schlicht Autobahn betitelte Projekt wurde bereits vor zweieinhalb Jahren mit den damals relativ unbekannten Nachwuchsschauspielern Nicholas Hoult und Felicity Jones realisiert, die neben den Altmeistern Sir Ben Kingsley und Sir Anthony Hopkins agierten, welche für ihre schauspielerische Leistung in Collide sichtbar nur mit einer entsprechenden Gage zu motivieren waren. Seit dem Frühjahr 2014 haben sich die Karrieren der erstgenannten Akteure jedoch merklich verändert. Nicholas Hoult glänzte im Mega-Hit Mad Max: Fury Road und ist fester Bestandteil des erfolgreichen X-Men-Franchises, Felicity Jones erhielt inzwischen eine Oscarnominierung für Die Entdeckung der Unendlichkeit und wird im Winter in der Hauptrolle des Star Wars-Spinoffs Rogue One zu sehen sein. Dass Hoult und Jones derzeit für eine mitteleuropäische B-Movie- Produktion vor der Kamera stehen würden, ist also völlig undenkbar. Und mit den großen Namen der Mitwirkenden sollen die Stärken des Films auch schon benannt sein. Denn lediglich Freunde riesiger Absurditäten kommen bei Collide auf ihre Kosten. Dies ist zusätzlich schade, da die Idee, ein hirnloses Actiongewitter mit amerikanischem Geld und einer deutschen Crew (die Explosionsgenies von Action Concept – Alarm für Cobra 11 und Der Clown stammt aus deren Feder – sorgen für Stunts und Knalleffekte) nach einem gehörigen Spaß klingt. Doch leider nimmt Regisseur Eran Creevy seine unmotivierte Geschichte um Liebe und Treue in einem ausartenden Bandenkrieg viel zu ernst, um seinerseits ernst genommen werden zu können. Besonders deutlich wird dies in der ersten Hälfte des Films, die scheinbar nie endet. Figurenzeichnung und dramaturgisch ausgefeilte Hintergründe erwartet niemand, der diese Art von Filmen schätzt und dennoch dauert es geschlagene 45 Minuten, ehe die erste Actionszene den Kinobesucher vor dem Tiefschlaf rettet. Der verbleibende Rest der 100 Minuten Laufzeit darf, zumindest inszenatorisch, als einigermaßen unterhaltsam gelten. Doch leider kippt Collide gegen Ende dank eines völlig unsinnigen Schlusstwists in die Sphären einer Direct-to-DVD-Produktion, die Muster bekannter Kinofilme mangelhaft kopiert. Somit steht sich Collide ständig selbst im Weg und kann trotz eines gewissen Eskapismus (hier sei an die Rolle des 1. FC Köln gedacht, an Ben Kingsleys Figur des dauerkoksenden, türkischen Drogenhändlers und an das “Waffenrecht“ in NRW) mit seiner schwermütigen Grundstimmung schlicht nicht abliefern. Einen Hinweis möchte ich noch geben: Wer mit Collide zumindest eine unbeschwerte Zeit haben möchte, dem sei dringend zur deutschen Synchronfassung geraten. Den schrecklichen Sprachwust des Originaltons kann der Film selbst nicht erklären. Daher rate ich von dieser Fassung ab.

4/10

Für Fans von: Fast & Furious, Nur noch 60 Sekunden, Alarm für Cobra 11

Mittwoch, 24. August 2016

Normal ist 'ne Einstellung am Wäschetrockner







Suicide Squad
 
Trotz vernünftiger Einspielergebnisse gilt Batman v Superman allgemein hin eher als misslungener Film. Die Meinungen von Kritikern und Fans waren durchwachsen, die hektische Veröffentlichung eines dreistündigen Director's Cut spricht von Seiten DCs und Warners ebenfalls Bände. Nun fiel die Kinoauswertung von Batman v Superman zeitlich exakt in die Post-Produktionsphase von Suicide Squad, der das Comic-Universum auch auf der Kinoleinwand als vielfältig und abwechslungsreich etablieren sollte. Nach Sichtung des neusten DC-Streiches wird man das Gefühl allerdings nicht los, die negativen Einschätzungen von Batman v Superman hätten die Verantwortlichen aufgeschreckt und zu Last-Minute-Änderungen am bereits abgedrehten Film bewogen. So findet Suicide Squad zu keinerlei einheitlichem Tempo und keiner einheitlichen Grundausrichtung. Die, im Vergleich zum Branchenprimus Marvel, vornehmlich düster angelegte Superheldenwelt wirkt plötzlich aufgedreht, bunt und scheint sich zusätzlich vom Erfolg des Deadpool-Films (auch aus dem Hause Marvel) beeindruckt zu sehen. Das Ergebnis ist weder Fisch noch Fleisch und nur leidlich unterhaltsam. Dabei steckt in Vorlagen und Figuren einiges an Potential. Die Geschichte behandelt eine Gruppe von Antagonisten, zumeist von Gothams dunklem Ritter Batman hinter Gitter gebracht, die nun als klassische Antihelden in einer Selbstmordmission gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner in Stellung gebracht werden. Verschiedene Abstufungen von schlecht und böse auf der Leinwand zu versammeln, klingt wie eine spaßige Angelegenheit und die erste halbe Stunde der 123 Minuten Laufzeit scheint dieses Versprechen auch einzulösen. Margot Robbies Harley Quinn und Will Smith' Deadshot werden als Hauptfiguren in den Film eingeführt und bringen mit viel Starpower das Publikum hinter sich. Die Charakterisierungen der anderen Suicide Squad-Mitglieder geriet ebenfalls überzeugend, wenn auch inszenatorisch etwas fragwürdig (geschlagene 8 Klassiker der Rock- und Popgeschichte werden im Stile einer Nummernrevue in der ersten handvoll Szenen auf den geneigten Kinofreund losgelassen). Doch der restliche Film und damit der Großteil der Laufzeit bietet nicht mehr als einen absoluten CGI-Overkill. In ständiger, ermüdender Dunkelheit regieren grelle Farben in sprunghaft geschnittenen und teilweise zerstückelten Szenerien. Es herrscht trotz stagnierender Geschichte ständige Hektik. Dazu darf Superstar Cara Delevigne als Antagonistin Enchantress ihr äußerst limitiertes Schauspiel zum Besten geben und so der geschlossen guten Performance ihrer Mitstreiter (u.a. sind Viola Davis, Joel Kinnaman, Jai Courtney und natürlich ein bestens aufgelegter Jared Leto als Joker mit charakterlichem Entwicklungspotential mit von der Partie) einen negativen Gegenpunkt setzen. Die Hintergrundgeschichte ihrer Figur ist, passend dazu, auch völlig an den Haaren herbeigezogen und erinnert mitsamt dem komplett absurden Finale an eine Katastrophe namens Fantastic Four. So schafft es Regisseur David Ayer (Fury – Herz aus Stahl, End of Watch) aus einer wirklich vielversprechenden Prämisse eine mittelschwere Enttäuschung zu machen. Mit Filmen wie diesem braucht DC den Kampf mit Marvel nicht einmal suchen. Dank spannender Figuren ist jedoch cineastisch noch einiges möglich. Zeit, dass Filmfans davon auch etwas mitbekommen. 

5/10

Für Fans von: Batman v Superman, Sucker Punch

Donnerstag, 11. August 2016

Schweigsam, schnell & sehr, sehr sauer




Jason Bourne

Über das Für und Wider eines fünften Bourne-Films ließe sich vortrefflich streiten. Die ersten drei Streifen um den ehemaligen CIA-Auftragskiller mit Amnesie sind bahnbrechendes Agentenkino, das Actionfilme ins 21. Jahrhundert geholt hat. Nicht umsonst wird Jason Bourne seit dieser Zeit in einer Reihe mit James Bond genannt. Beide Reihen versuchten dann auch planlos die Stil- und Erzählmittel der jeweils anderen Saga zu kopieren, was in zwei eher enttäuschenden Filmen mündete (Ein Quantum Trost, Das Bourne Vermächtnis). Und so konnten sich Fans der ersten drei Bourne-Auskopplungen freuen, als bekannt gegeben wurde, dass Matt Damon unter der Regie von Paul Greengrass zum vierten Mal (Das Bourne Vermächtnis drehte sich um eine komplett losgelöste Geschichte, die zwar im selben filmischen Universum angelegt war, mit Jeremy Renner in der Hauptrolle aber nur mittelmäßig angenommen wurde) den Mann ohne Vergangenheit mimen würde. Schließlich wurde diesen beiden Filmschaffenden der Ruhm der Bourne- Filme angerechnet. Und so lässt Jason Bourne die alternative Storyline um Aaron Cross aus Teil 4 auch richtigerweise links liegen. Nach einem kurzen Flashback, der die wichtigsten Stationen der klassischen Trilogie abhandelt, wird der Zuschauer in eine 123minütige, atemlose Hetzjagd um den ganzen Globus geschickt. Angepeitscht vom treibenden Score des Hans Zimmer-Schützlings John Powell passiert Jason Bourne in seiner Dramaturgie pflichtbewusst Orte von derzeit weltpolitisch signifikanter Bedeutung. So sind die griechisch-mazedonische Grenze, Athen (die dort spielende Verfolgungsjagd inmitten einer Großdemonstration war für mich das Highlight des Streifens, auch wenn sie auf Teneriffa gedreht wurde), London oder Reykjavik Schauplätze des Agententhrillers. Angetrieben wird Bourne dabei von neuen Enthüllungen aus seiner Vergangenheit, die in ihm den Wunsch nach Vergeltung wecken. Und dieser Rache-Plot ist es dann auch, der den Zuschauer bei der Stange hält. Bourne, seine Verbündeten und Gegner entstammen aus einem gewachsenen Filmuniversum, wodurch die von Tommy Lee Jones, Alicia Vikander und Vincent Cassel verkörperten neuen Charaktere den Film wahrlich bereichern. Parallel dazu erzählt Paul Greengrass allerdings noch die Storyline um den Launch einer neuen Social Media- Plattform und dessen Gründer. Diese, von Nightcrawler-Star Riz Ahmed verkörperte Figur ist mitsamt des ganzen Handlungsbogen leider als störend für den Erzählfluss des Films anzusehen. Dem so erfolgreich und realistisch gestalteten dramaturgischen Minimalismus seiner eigenen, bisherigen Bourne-Filme, scheint Greengrass hier misstraut zu haben. Nichtsdestotrotz ist Jason Bourne unverkennbar ein Greengrass-Film. Seiner revolutionierten Art des schnellen Schnittes und der vitalen Kameraarbeit bleibt der Engländer treu und schafft es weiter wie kein zweiter mit diesem Stil weder Kopfschütteln noch Übelkeit beim Publikum auszulösen. Jason Bourne ist schlichtweg ein großartig inszenierter Film. Die Schauspielerriege mit den bereits erwähnten internationalen Topstars muss sich in keinsterweise aus ihrer Komfortzone entfernen, erfüllt aber in jeder Szene dank eines intelligenten Castings ihren Zweck. Aus deutscher Sicht erfreut mich die von Vinzenz Kiefer (Alarm für Cobra 11) verkörperte Nebenrolle eines Berliner Whistleblowers. Jason Bourne ist somit eine absolut würdige, hochspannende und überraschend kurzweilige Fortsetzung der Actionklassiker, die nur die Geradlinigkeit der ersten Teile vermissen lässt.

8/10

Für Fans von: Die Boune Identität, Die Bourne Verschwörung, Das Bourne Ultimatum

Die tausend Ideen eines Filmes




Genius – Die tausend Seiten einer Freundschaft

Schau heimwärts, Engel und Von Zeit und Strom gelten als zwei der ganz großen amerikanischen Romane des 20. Jahrhunderts. Ihr Autor: der stürmische Querdenker Thomas Wolfe. Zeit seines kurzen Lebens konnte Wolfe bereits William Faulkner und Hermann Hesse zu seinen Bewunderern zählen, sein Einfluss in der amerikanischen Literatur ist bis heute bemerkenswert. Doch ein gewichtiger Teil am Erfolg dieser Werke ist dem vielleicht berühmtesten Lektor der Geschichte zuzuschreiben. Dem New Yorker Max Perkins. Die titelgebenden tausend Seiten sollen uns das schwierige Verhältnis der beiden so verschiedenen, aber gleichsam von der Literatur begeisterten Männer verdeutlichen. Doch auch wenn Genius vordergründig die Geschichte einer Freundschaft erzählen will, so wird dies im fertigen Film nicht wirklich deutlich. Ein Gesellschaftsporträt der 20er und 30er Jahre findet sich in den 104 Minuten Laufzeit ebenso wie ein Literaturfilm und ein Bio-Pic. Genius ist von allem etwas, ohne irgendwas richtig zu sein. Passend dazu haben zwei fast ungleich berühmtere Schützlinge Perkins bedeutungslose Gastauftritte. Natürlich verbreitet sich ein wohliges Gefühl unter den Kinogängern, wenn The Wire-Star Dominic West Ernest Hemingway und die australische Schauspiellegende Guy Pearce F. Scott Fitzgerald verkörpern, doch dem an sich zentralen Konflikt um die Bedeutung von Literatur und Freundschaft im Verhältnis von Wolfe und Perkins hilft das nicht wirklich. Genius behandelt nur Themen, jedoch keine Geschichte und mäandert so spannungsarm vor sich hin. Das mit Abstand Beeindruckendste an diesem Streifen ist zweifellos dessen Besetzung. Zu den genannten Gaststars darf Jude Law als Thomas Wolfe hemmungslos über die Strenge schlagen (ob man seine Performance als realitätsnah oder aber als sinnfreies Overacting auslegen möchte, soll bitte jeder Zuschauer selbst entscheiden) und Colin Firth eine typisch weise und gesetzte Colin Firth-Verkörperung an den Tag legen. Zum zentralen Konflikt um die Bedeutung von Verleger und Autor im umkämpften Literaturmarkt, gesellen sich bei beiden Protagonisten noch private Probleme. Laura Linney und Nicole Kidman sorgen zwar für zusätzliche Starpower und vertiefen die charakterlichen Differenzen ihrer Männer, sorgen thematisch aber für zusätzlichen Ballast. Schlussendlich ist Genius zwar toll anzusehen und ordentlich gespielt, Regisseur-Neuling Michael Grandage will allerdings thematisch zu viel und schafft so erzählerisch zu wenig. 

5/10

Für Fans von: Kill your Darlings, Midnight in Paris