Freitag, 28. Oktober 2016

3 Frauen und (k)ein Todesfall




Girl on the Train

Die Erwartungen an diesen Film waren erstaunlich. Ein Psychothriller mit starker, weiblicher Hauptfigur, angesiedelt im wohlhabenden, suburbanen Amerika der Jetztzeit, entwickelt nach einem Weltbestseller. Dass hier Gone Girl nachgeeifert werden sollte, war niemals ein Geheimnis. Und natürlich gilt auch im Falle von Girl on the Train: Besser gut kopiert als schlecht selbstgemacht. Doch was The Help-Regisseur Tate Taylor mit seiner literarisch sehr umstrittenen Vorlage hier anstellt ist ein reines Fiasko, egal ob nach bestem Vorbild oder nicht. Die erste halbe Stunde des 112 minütigen Streifens lullt den Zuschauer noch in klinisch beleuchteten Hochglanzbildern und Unwissenheit ein. Doch sobald die eigentliche Story ins Rollen kommt, wird mit jeder Szene deutlicher, was Girl on the Train so miserabel macht. Es sind nicht die offensichtlichen Kopien großer Filme (das Wort Hommage sei hier dringlichst vermieden). Hier wird neben David Finchers Meisterwerk vor allem Regielegende Alfred Hitchcock und dessen Klassiker Das Fesnter zum Hof und Vertigo benutzt. Es sind nicht die per se begabten Schauspieler. Emily Blunt, Rebecca Ferguson, Luke Evans, Edgar Ramirez und Lisa Kudrow retten Girl on the Train zwar nicht, reißen ihn aber auch nicht eigenhändig in den Abgrund. Und es sind auch nicht Danny Elfmans ordentlicher Score oder die Versuche Themen wie Voyeurismus, gewalttätige Beziehungen oder Sucht und Abhängigkeit zu einem Krimiplot zu verweben. Es ist die schiere Ignoranz der Filmemacher dem Publikum gegenüber. Wir werden für völlig dämlich verkauft. Wo Gone Girl seine Herkunft als Pulp-Roman noch sarkastisch feierte und keinen Zweifel am übertriebenen Eskapismus seiner Geschichte aufkommen ließ, suhlt sich Girl on the Train geradezu in Ernsthaftigkeit und dem absoluten Vermeiden von Humor. Dies führt im Kinosaal natürlich zu herrlich unfreiwilliger Komik. Denn der Kinofreund ist nicht so blöd, wie es uns Tate Taylor gern glauben lassen würde. Dazu kommt der Hochglanzthriller rein objektiv nie über das Niveau einer Seifenoper hinaus. Alle Wendungen sind völlig vorhersehbar, die Entscheidungen der handelnden Personen werden immer unglaubwürdiger und bis zum Ende des Filmes hat mein keine einzige sympathische Figur angetroffen, um die man sich sorgen oder mit der man mitfiebern konnte. Dazu wird ein interessanter Aspekt der Vorlage – die Erzählung der Geschichte aus der Perspektive der drei weiblichen Hauptcharaktere – vom Film in den Anfangsminuten aufgegriffen und anschließend erklärungslos aufgegeben. Somit ist Girl on the Train schlicht billig, traurig und beleidigend. Glücklicherweise auch schnell zu vergessen. 

3/10

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