Samstag, 15. Oktober 2016

Schattenmänner




The Infiltrator

23 Jahre nach seinem Tod kommt Pablo Escobar zu einer erneut gigantischen medialen Aufmerksamkeit. Zum Glück ist es diesmal nur Hollywood, dass den Drogenbaron mit großer Begeisterung wieder aufleben lässt. Neben dem 2015er Paradise Lost war es vor allem die bahnbrechende Netflix-Serie Narcos, die das Leben des einst siebtreichsten Mannes der Welt künstlerisch aufarbeitete. In The Infiltrator befasst sich Regisseur Brad Furman (Der Mandant, Runner, Runner) nun mit der immensen wirtschaftlichen Bedeutung des kolumbianischen Kokains, das Escobar in den 80er Jahren so werbewirksam über Miami in die USA schmuggelte. Und so ist es passend, dass Escobar selbst stets wie ein gefürchteter Geist über den Entscheidungen der Figuren schwebt und doch selbst nie im Film zu sehen ist. The Infiltrator ist Robert Mazur. Der DEA-Agent lässt sich undercover in das gewaltige Geldwäsche-Syndikat der kolumbianischen Drogenmafia einschleusen, um so deren größte Geldquelle zum Versiegen zu bringen. Die Memoiren des realen Mazurs dienten Furman und dessen Mutter, die Drehbuchautorin Ellen Brown Furman, als Vorlage für diese Verfilmung. Und hier liegen auch die Probleme des Streifens begraben. The Infiltrator kommt leider nicht über ein inhaltliches Potpourri hinaus. Dank einer riesigen Zahl an Sprechrollen, einer inkohärenten Erzählweise, die fast nur auf Einzelszenen baut und dem somit übermittelten Gefühl der unnötigen dramaturgischen Hektik, wirkt der Film wie eine auf zwei Stunden zusammengepferchte Serie. Gern hätte man den verwinkelten Geldfluss der Drogenmillionen detailliert nachempfunden, doch The Infiltrator gibt dem Zuschauer dazu keine Gelegenheit. Figuren werden strikt nach Bedarf in einzelne Handlungsstränge gepresst und im Laufe des Filmes vergessen. Dass zum, zugegeben sehr emotionalen, Finale dann noch einmal alle Charaktere in Erinnerung gerufen werden, bessert diesen Umstand dann auch nicht mehr. Besonders schade sind diese Drehbuchschwächen, da The Infiltrator schauspielerisch und technisch eine ganze Menge zu bieten hat. Allen voran brilliert Bryan Cranston als Robert Mazur. Die Gratwanderung zwischen Familienmensch und zynischem Geschäftsmann, zwischen alterndem Ermittler und brutalem Unterweltfinancier bringt der Altmeister tadellos auf die Leinwand. An seiner Seite überzeugen zusätzlich John Leguizamo, Diane Kruger und Benjamin Bratt in größeren Nebenrollen. The Infiltrator ist zusätzlich mit viel Hingabe inszeniert wurden. Die bereits angesprochene Zerstückelung der Handlung ist zwar für den Erzählfluss schädlich, doch Set-Designer, Kostümbildner und Make-up-Artists dürfen dafür die 80s in allen schillernden Farben wieder auferstehen lassen. Frisuren, Kleidung und das Nachtleben Floridas bilden gemeinsam mit einem stimmungsvollem Score das Fundament für die humorvollen und augenzwinkernde Stimmung des Filmes. Letzten Endes stimmte mich die tolle Optik von The Infiltrator zusätzlich traurig darüber, 'nur' einen guten Film gesehen zu haben. Die vielschichtige Thematik (weitere Filme über Escobar und sein Imperium sind derzeit u.a. von Oliver Stone in Arbeit) und der tolle Cast hätten mehr hergegeben. 

7/10

Für Fans von: Paradise Lost, Das Kartell, American Hustle

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