Oscarrückblick
Die Gewinner:
Bester Film
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"Moonlight"
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Bester Hauptdarsteller
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Casey Affleck ("Manchester by the Sea")
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Beste Hauptdarstellerin
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Emma Stone ("La La Land")
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Bester Nebendarsteller
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Mahershala Ali ("Moonlight")
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Beste Nebendarstellerin
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Viola Davis ("Fences")
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Beste Regie
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Damien Chazelle ("La La Land")
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Bester fremdsprachiger Film
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"The Salesman" (Iran)
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Bester Animationsfilm
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"Zootopia"
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Bestes adaptiertes Drehbuch
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"Moonlight"
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Bestes Originaldrehbuch
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"Manchester by the Sea"
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Beste Kamera
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Linus Sandgren ("La La Land")
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Bester Ton
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"Hacksaw Ridge"
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Bester Tonschnitt
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"Arrival"
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Bester Soundtrack
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"La La Land"
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Bester Filmsong
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"City of Stars" aus "La La Land"
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Bestes Produktionsdesign
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"La La Land"
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Bestes Kostüm
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"Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind"
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Bester Dokumentarfilm
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"O.J.: Made in America"
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Bester Kurzdokumentarfilm
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"The White Helmets"
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Bester Schnitt
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"Hacksaw Ridge"
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Beste Maske
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"Suicide Squad"
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Bester Animationskurzfilm
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"Piper"
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Bester Realkurzfilm
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"Sing"
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Die
89. Academy Awards sind vergeben. In Erinnerung wird die Zeremonie
vor allem durch die Panne bei der Vergabe des Preises für den besten
Film bleiben. Best-of-Youtuber reiben sich bereits die Hände, bietet
doch zusätzlich die wesentlich beschämendere Verwechslung der
lebenden Produzentin Jan Chapman mit der verstorbenen Kostümbildnerin
Janet Patterson Material für die nächsten Videos über die größten
Oscar-Ausrutscher. Doch ich möchte mich mit der eigentlichen Show
und ihren Gewinnern beschäftigen.
Und
an diese genoss ich fast ohne Abstriche.
Von
Sekunde eins an, beginnend mit dem großartigen Opening von Justin
Timberlake, hatte mich diese Oscarverleihung auf ihrer Seite. Kein
gezwungener Monolog, keine gestellte, im Vorhinein aufgenommene
Musicalnummer, sondern Tanz und Gesang mit Sinn – Schließlich war
die dargebotene Nummer „Can't stop the feeling“ bereits unter den
nominierten Songs. Jimmy Kimmels anschließende Eröffnungsansprache
wirkte so regelrecht befreit.
Politische
Seitenhiebe gab es in dieser sowie auch im Folgenden zuhauf. Der ganz
große Beißer, wie ihn Michael Moore seinerzeit anbrachte, fehlte
zwar, doch die schiere Menge an Protest gegen die Trump-Regierung
ließ für mich keine (komödiantischen) Wünsche offen. So war der
erste Abschnitt der rund dreieinhalbstündigen Show meiner Meinung
nach vor allem durch den inhaltlich größten Fauxpas des Abends
geprägt: Dem Oscar für Suicide Squad.
Einer
der schlechtesten Filme des vergangenen Jahres wurde für seine
Leistungen in Make-up und Hairstyling ausgezeichnet. Es ist
sicherlich richtig, Filme nach einzelnen Merkmalen zu beurteilen und
dabei die Gesamtleistung außer Acht zu lassen, doch das beschämende
Erlebnis, das Suicide Squad definitiv war, hätte diese Nominierung
erst gar nicht zulassen sollen. Man mag kaum daran denken, dass DC
jetzt in puncto Oscars gegen Marvel und ihrem Cinematic Universe die
Nase vorn hat.
In
fast allen anderen Kategorien blieben große Überraschungen aus.
Sicher, den Preis für den besten Schnitt an Hacksaw Ridge zu
vergeben, erscheint mir nach wie vor etwas übertrieben. Doch wie ich
bereits in meiner Oscar-Vorhersage mutmaßte, würden zwei technische
Kategorien an Mel Gibsons Weltkriegsdrama fallen. Das macht die
inszenatorischen Schwächen des Films nicht wett, ist aber allemal
vertretbarer, als die Entscheidung der Academy aus 2015, das
propagandistische Machwerk American Sniper gleich doppelt
auszuzeichnen. Das sind für mich Abstriche, die ich bei einer rein
amerikanisch geführten Preisverleihung gern eingehe.
Im
Laufe der Show fiel mir gestalterisch einiges positiv auf. Zum einen
wurden endlich wieder alle fünf oscarnominierten Songs live
dargeboten. Zum anderen verzichteten die Verantwortlichen in diesem
Jahr auf die separate Vorstellung aller für den besten Film
nominierten Streifen mittels zeitraubender Trailer. Allgemein fand
ich den Abend kurzweilig und zügig abgehandelt.
Selbst
Kimmels Verweise auf seine eigene Late-Night-Show fielen da nicht
negativ ins Gewicht, zumal diese in den Vereinigten Staaten den
Oscars bezüglich Beliebtheit nahezu das Wasser reichen kann.
Was
mich zugleich traurig und glücklich stimmt, ist meine recht gute
Tippquote in diesem Jahr. Mit 14 aus 20 richtigen Vermutungen kann
ich mich zwar kaum beschweren, doch schließt dies natürlich auch
mit ein, dass The Salesman gegen Toni Erdmann gewann sowie dass
Arrival mit nur einem und Hell or High Water ganz ohne Oscar nach
Hause gehen mussten. Meine Herzensfilme wurden damit leider wie
vermutet zu den Verlierern des Abends.
Zum
Schluss möchte ich noch die beiden Gewinner des Abends
gleichberechtigt loben. Wie sich die Produzenten, Darsteller und
Regisseure von La La Land und Moonlight während und nach
Bekanntwerden der falschen Nennung des besten Films verhielten,
spricht Bände über das Verhältnis der Filmemacher untereinander.
So weit das Leben der Hollywood-Schönheiten auch entfernt scheint,
die Familie der Menschen hinter der Kamera ist doch eine sehr kleine
und vertraute. Auch wenn Damien Chazelle ein Hochglanz-Musical ins
Rennen warf, dass inhaltlich und inszenatorisch kaum weiter von Barry
Jenkins Coming-of-Age-Drama hätte entfernt sein können, so wissen
doch beide um den Verdienst ihrer Filme für das Independentkino.
Dies war beim verrückten Schlussbild der 89. Acadamy Awars deutlich
zu spüren und ließ mich glücklich zurück.
Diese
Oscars lassen optimistisch nach vorne blicken.