Montag, 3. April 2017

Der Zauberberg




A Cure for Wellness

Mäusejagd, The Mexican, Ring, Fluch der Karibik – rund um das Millennium war Gore Verbinski ein absoluter Regie-Superstar. Doch nachdem das fortgeführte Piraten-Franchise nur noch finanziellen Erfolg einbrachte, künstlerisch jedoch sichtbar litt, wurde es vor rund 10 Jahren still um den öffentlichkeitsscheuen Kalifornier. Mit Lone Ranger an seine Erfolgstage anzuknüpfen misslang vollends und so wendet sich Verbinski mit A Cure for Wellness dem Mysterygenre zu. Auf technischer Ebene gelingt dies dem Oscar- (Rango) und Goldene Himbeere-Preisträger (Lone Ranger) dabei perfekt, inhaltlich bietet der Film hingegen viel Leerlauf, Dutzendware und keine Überraschungen. A Cure for Wellness folgt Lockhardt, dem Angestellten eines Finanzdienstleisters, in ein Sanatorium auf einem Schweizer Alpgipfel, das er gegen seinen Willen besucht, um ein Vorstandsmitglied seiner Firma zurück in die USA zu holen. Wie Trailer und filmische Erfahrungen zeigen wird dieser Kurzbesuch nicht wirklich kurz bleiben. Eine klassische Anstaltsdramaturgie mit geheimnisvollen Patienten, unüblichen Behandlungsmethoden und fiesen Ärzten entspinnt sich, die leider niemanden vom Hocker reißen wird. Lediglich Menschen, die noch nie einen (Mystery-)Film sahen, werden vom letztendlich Storyverlauf überrascht werden. Dies ist umso trauriger, da A Cure for Wellness mit zahlreichen Anspielungen und versteckten Gimmicks in seinen Bildern den Zuschauer auf falsche Fährten hätte locken können. Doch stattdessen wird hier 147 Minuten Medizin-Horror nach Schema F geboten. Auch die zu Beginn etablierte Thematik um den Optimierungswahn der Welt wird im Verlauf des Films einfach aufgegeben. Konstant allerdings bleibt A Cure for Wellness ein Fest für die Sinne. Ganz ehrlich, an einen optisch gelungeneren Film kann ich mich in den vergangenen Jahren nicht erinnern. Schon in den ersten fünf Minuten entwickelt der Streifen einen intensiven Sog, der den Zuschauer nicht mehr loslässt. Auf gestalterischer Ebene geht die mysteriöse Grundstimmung vollends auf. Besonders herausragend gelang Verbinski und seinem montegrinischen Kameramann Bojan Bazelli (Mr. & Mrs. Smith, Rock of Ages) dabei die Einbindung von Spiegelungen und das generelle Farbdesign, das fast ausschließlich mit Weiß- und Pastelltönen auskommt. Inspiration holten sich die Verantwortlichen zusätzlich bei Steampunk und Gothic. Unter diesem Eindruck erschien mir dann die enorme Laufzeit auch nicht eine Minute zu lang. Zu viele Momente hatten da das Potential als Screenshot auf Postern und Plakaten zu landen. A Cure for Wellness wurde übrigens ausschließlich in Deutschland gedreht. So standen die Burg Hohenzollern in der Schwäbischen Alb, das Johannisbad in Zwickau und das ehemalige Lungensanatorium Beelitz-Heilstätten Pate für die fiktive Alpenklinik. Abschließend profitiert der Film noch von einem herrlich undurchdringlichen aber eingängigen Score des Briten Benjamin Wallfisch, der neben einem wirklich bedrohlichen Maintheme auch Songs von Ramones und Bilderbuch erklingen lässt. So ist es am Ende eine Schande sagen zu müssen, das A Cure for Wellness nur ein durchschnittlicher Film ist, der völlig offen lässt, wie es in Gore Verbinskis Karriere weiter geht. 

6/10

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